Stehen Baustellen bei anhaltendem Schlechtwetter dauerhaft still, springt die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse ein. Sie ist auch für Urlaubsgeld und Abfertigungen zuständig.

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Wien – Das Finanzloch im Abfertigungstopf der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse BUAK klingt bedrohlich. 836 Millionen Euro an Unterdeckung weist die für die Gestionierung von Urlaubsgeld, Abfertigungen, Überbrückungsgeld, Schlechtwetterzulagen und Winterfeiertagsvergütung für rund 130.000 Mitarbeiter in Baugewerbe und Bauindustrie aus.

Das förderte eine parlamentarische Anfrage der Neos zutage. Zugleich sitzt die sozialpartnerschaftlich organisierte BUAK, die auch für Lohn- und Sozialdumping-Betrugsbekämpfung in der Baubranche zuständig ist, auf einem ansehnlichen Berg an Wertpapieren: Auf 1,06 Milliarden Euro belief sich das Vermögen aus diesem Titel.

Eine Kasse ...

Also kein Grund zur Aufregung, weil das Finanzvermögen die notorisch budgetäre Unterdeckung ohnehin bei weitem übersteigt? So einfach ist die Sache nicht. Denn die Lücke von 836 Millionen Euro, die im "Sachbereich Abfertigung" klafft, kann und darf mit dem gesamten Wertpapierbestand in der BUAK in Höhe von insgesamt 1,06 Milliarden Euro weder gegengerechnet noch ausgeglichen werden. Es sind gerade einmal 32 Millionen Euro in Wertpapieren, die dem Abfertigungssektor zuzuschlagen sind.

... getrennte Rechnung

Laut Gesetz sind die fünf Kassen für Abfertigungen, Urlaub, Schlechtwetterzulage und Überbrückungsgeld völlig getrennt zu führen, versichert der von der Arbeitnehmerseite gestellte BUAK-Direktor, Rainer Grießl, auf Anfrage des STANDARD. Diese Verpflichtung halte man penibel ein.

Stellt sich die Frage, wie die vor 75 Jahren zur Absicherung von Urlaubs- und Abfertigungsansprüchen von den Sozialpartnern gegründete und mit immer neuen Aufträgen betraute BUAK ihre Abfertigungsverpflichtungen im Volumen von 836 Millionen Euro wird erfüllen können. Die jährlichen Einnahmen, sogenannte Zuschläge, die von den Arbeitgebern anteilsmäßig gemäß Monatsentgelt an die BUAK abgeführt werden, beliefen sich im Sachbereich Abfertigung 2020 auf knapp 145 Millionen Euro.

Abfertigung alt und neu

Davon sind 57 Millionen Euro Abfertigung neu, sie bleiben also nicht in der BUAK, sondern werden an die Mitarbeitervorsorgekasse BVK weitergereicht. Knapp 85 Millionen Euro wurden als Leistungen aus dem Titel Abfertigung alt ausbezahlt, also an Bauarbeiter, die bereits vor 2003 in die Branche eingetreten sind. Bleibt ein Jahresüberschuss von rund 40 Millionen Euro, der auf neue Rechnung vorgetragen wird. Mit diesem Geld wird also für künftige Abfertigungsansprüche vorgesorgt.

Ist der Winter kalt, werden Baustellen dichtgemacht und die Arbeiter arbeitslos. Diese Ansprüche sichert die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse BUAK.
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"Mit diesem System dauert es Jahrzehnte, bis das Finanzloch bedeckt sein wird", argwöhnt Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker. "Knapp achtzig Prozent der Abfertigungsansprüche sind ungedeckt." Die BUAK habe gegenüber den Bauarbeitern Abfertigungsverpflichtungen von insgesamt 1,06 Milliarden Euro, wovon aber nur 230 Millionen durch Finanzmittel gedeckt sind, rechnet Loacker vor. Für 830 Millionen Euro fehle hingegen die Finanzierung. "Vereinfacht gesagt, würden acht von zehn Bauarbeiter zum Stichtag um ihre Abfertigung umfallen."

"Abfertigungen gesichert"

Diese Rechnung weist man in der BUAK strikt zurück. Die Abfertigungen seien keineswegs ungedeckt, "kein Bauarbeiter in Österreich muss um seine Ansprüche fürchten", versichert Direktor Grießl mit Nachdruck. Er räumt aber ein, dass die BUAK auf einem Haufen Altlasten sitzt. Ihr seien diese Verpflichtungen bei der Ausgliederung 1987 ohne Kapitalbedeckung überantwortet worden. Seither stottert sie diese ab.

Licht am Ende des Tunnels ist laut internen Berechnungen in Sicht: Im Jahr 2029 soll erstmals der Saldo aus Einzahlungen und Ausgaben mit 14,5 Millionen Euro leicht positiv sein. Da gleichzeitig die Zahl der Anspruchsberechtigten für Abfertigung alt laufend sinkt – aktuell gehen jährlich 2500 Bauarbeiter in Pension –, sinkt auch der damit verbundene Abgang von aktuell 85 auf 75 Millionen Euro im Jahr 2030.

Bis 2036 wird die Zahl der Anspruchsberechtigten auf Alt-Abfertigungen von zuletzt 29.904 auf 5.128 sinken, deren Leistungsansprüche sich auf insgesamt fast 61.000 Monatsentgelte summieren. Mit diesem Rückgang einher geht eine Absenkung der Rückstellungen von 1,006 Milliarden auf 307 Millionen Euro. Zugrunde gelegt ist dieser Berechnung ein Zinssatz von 0,40 Prozent.

In Jahrzehnten abstottern

In zehn Jahren werde man – abhängig von Wirtschafts- und Zinsentwicklung – dann die Beiträge für die Abfertigungen absenken können, rechnet der BUAK-Direktor vor. Aktuell mache dieser Zuschlag – die Berechnung stammt aus Zeiten, in denen Löhne noch wöchentlich ausgezahlt wurden – 3,5 bis 4,0 Prozent aus. Zum Vergleich: Für die Abfertigung neu zahlen die Arbeitgeber 1,53 Prozent des Bruttoentgelts in die Mitarbeitervorsorgekasse BVK ein.

Manche der Sonderregelungen für Bauarbeiter mögen nachvollziehbar und berechtigt sein, sagt Neos-Mandatar Loacker. Letzlich werde das intransparente System aber nicht von den Sozialpartnern selbst finanziert, sondern in Form der Baukosten auf Konsumenten, Arbeitnehmer und die öffentliche Hand. (Luise Ungerboeck, 6.11.2021)