14 Podestplätze hat der zweimalige Rennsieger Sergio Perez schon.

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Weil es quasi auch schon egal war, sorgte Sergio Perez am vergangenen Mittwoch für dicke Luft in Mexiko-Stadt. Im Herzen der vom Smog geplagten Agglomeration zu Füßen der Zwillingsvulkane Popocatépetl und Iztaccíhuatl gab "Checo", wie sie den 31-Jährigen aus Guadalajara nennen, im Red Bull mächtig Gummi, um zu bewerben, was nicht zu bewerben wäre. Der Grand Prix von Mexiko, der am Sonntag seine siebente Auflage in diesem Jahrtausend erlebt, ist nicht nur durch seine Strecke, die durch das Baseball-Stadion Foro Sol führt, ein besonderes Spektakel – überhaupt nach der Absage 2020.

Zumal in Perez ein Einheimischer hervorragende Chancen hat, nach 71 Runden auf dem zweitschnellsten Kurs der Szene nach Monza auf das Podest zu steigen. Als Letztem vor Perez selbst gelang das Pedro Rodríguez im Juni 1971 mit Platz zwei im Grand Prix der Niederlande zu Zandvoort. Nur wenige Wochen später starb er mit 31 Jahren in einem Sportwagenrennen auf dem Norisring zu Nürnberg. Schon neun Jahre vorher war sein erst 21-jähriger Bruder Ricardo im Training des damals nicht zur WM zählenden Grand Prix von Mexiko in der heute nicht mehr zur Strecke gehörenden Peraltada-Steilkurve in einem Lotus zu Tode gekommen. Seit 1979 heißt die Anlage, auf der Perez die Sehnsüchte der mexikanischen Fans stillen soll, nach den verunglückten Brüdern Autódromo Hermanos Rodríguez.

Material und Mensch

Gelingt’s, werden ihm die Unannehmlichkeiten leicht verziehen werden, die die dreitägige Sperre der Hauptverkehrsader Paseo de Reforma verursacht hatte und für die sich Perez auch ganz artig entschuldigte. Keine Entschuldigung kann es im Rennen geben, gilt doch Red Bull in der Höhenlage von Mexiko-Stadt als Favorit im Duell mit Mercedes. Der Honda-Motor verspricht wegen des größeren Turboladers mehr Stärke, in Sachen Aerodynamik glaubt sich Teamchef Christian Horner ebenfalls im Vorteil. Im engen Titelzweikampf zwischen Red Bulls Star Max Verstappen und Rekordweltmeister Lewis Hamilton, der zwölf Zähler zurückliegt, zählt jedes Detail.

"Zwei Siege", rechnete Motorsportberater Helmut Marko vor, braucht Verstappen für eine Vorentscheidung. Fein wäre es auch, wenn Perez Hamilton um Punkte bringt. Zweimal stand der 31-Jährige zuletzt auf dem Podest. In der Türkei blieb er vor Hamilton, in Texas setzte er zuletzt den Titelverteidiger taktisch unter Druck und kämpfte sich ohne Trinkmöglichkeit "im Überlebensmodus" auf Rang drei. "Er findet immer mehr seine Form, und gerade zu diesem Zeitpunkt des Jahres ist das entscheidend für uns", sagte Teamchef Horner.

One-Way-Ticket

Auch ein Zwischentief im Sommer hatte Red Bull nicht davon abgehalten, den Vertrag mit Perez für 2022 zu verlängern. Horner: "Ich denke, wir haben es geschafft, ein Setup zu finden, das für ihn funktioniert."

Für Perez ist das Cockpit im derzeit wohl besten Auto der Formel 1 ein hart erkämpftes Privileg. Ruhm, Reichtum und Rennen in der Königsklasse schienen illusorisch, als er als Kind von der Formel 1 träumte. Perez schlug sich die Nächte um die Ohren, kontaktierte um vier Uhr nachts Teams in Europa. Der Einsatz lohnte sich.

Mit 15 Jahren fand er ein Team in Deutschland, reiste mit einem One-Way-Ticket nach München. Der Teenager schlief in einem Autobahnhotel, kam später in einem Restaurant unter.

Sportlich ging er nach Startschwierigkeiten seinen Weg. Dem Wechsel aus der deutschen Formel BMW in die britische Formel 3 folgte der Aufstieg in die Formel 1 – und zu einem Sportidol seines Landes. "Es war ein verrücktes Projekt eines verrückten Kindes", sagte Perez: "Ich bin sehr stolz auf dieses Kind. Egal, wie verrückt dein Traum ist, es ist definitiv möglich. (sid, lü, 5.11.2021)