Einen Erfolg brauchte US-Präsident Joe Biden nach den vielen Rückschlägen der letzten Monate wie ein Verhungernder einen Bissen Brot.

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Joe Biden war die Erleichterung am Samstag deutlich anzusehen. Sein eine Billion Dollar schweres Infrastrukturpaket war – wenn auch gestutzt – zuvor im Repräsentantenhaus verabschiedet worden: mit 228 zu 206 Stimmen, darunter 13 Stimmen der Republikaner. Endlich wurde ein Wahlversprechen auch einmal eingelöst. Einen Erfolg brauchte der US-Präsident nach den vielen Rückschlägen der letzten Monate wie ein Verhungernder einen Bissen Brot: das Afghanistan-Desaster, die vierte Welle, der schwächelnde Auftritt bei der Klimakonferenz, die schmerzhafte Wahlschlappe in Virginia.

Befreiungsschlag

Nicht nur für ihn ist die geglückte Abstimmung ein Befreiungsschlag. Auch für die USA ist das Paket eine gute Nachricht. In den nächsten zehn Jahren werden Milliarden Dollar für lange überfällige Maßnahmen bereitgestellt: Für Straßen, Schienennetze, Häfen, Brücken, Flughäfen, Breitband-Ausbau und auch für Klimamaßnahmen soll Geld fließen.

Unklares Schicksal

Doch die ultimative Bewährungsprobe steht Biden noch bevor. Die Abstimmung über seine umfassende Sozialreform im 50 zu 50 besetzten Senat sieht einem unklaren Schicksal entgegen. Von republikanischer Seite kann er für dieses Ausgabenpaket keine Stimmen erwarten. Aber auch gemäßigte Demokraten stellen sich dem ohnehin arg abgespeckten Prestigeprojekt in den Weg. Der Brückenbauer Biden muss die bedrohlichsten Gräben in der eigenen Partei überwinden. Schafft er das nicht, schaffen sich die Demokraten bald selbst ab. (Manuela Honsig-Erlenburg, 7.11.2021)