Diese Woche findet in Linz Österreichs wichtigstes Frauentennisturnier statt. DER STANDARD hat sich im Vorfeld bei Expertinnen umgehört.

1. 2022 jährt sich der letzte Turniersieg einer Österreicherin (Tamira Paszek in Eastbourne) zum zehnten Mal. Dazwischen war nichts. Warum ist das so?

2. Wann gewinnt eine Österreicherin ein Grand-Slam-Turnier, und was muss dafür passieren?

3. Ist Frauentennis in puncto Gleichberechtigung in einer Vorreiterrolle oder hinkt es hinten nach?

4. Was würden Sie sich für das Frauentennis in Österreich wünschen?

Sandra Reichel, Turnierdirektorin Linz

1. Man darf das nicht so negativ sehen. Es gibt immer Höhen und Tiefen, auch im Tennis. Dass wir bei den Damen derzeit niemanden in den Top 100 haben, ist natürlich schade. Wir versuchen aber mittels Initiativen Mädchen zum Tennis zu bringen und sie beim Tennis zu behalten. Da sind die Verbände, die Vereine und die Eltern gefordert. Das Interesse ist jedenfalls da.

2. Ich sehe keinen Grund, warum keine Österreicherin einmal wie Emma Raducanu aus der Qualifikation ein Grand-Slam-Turnier gewinnen kann. Wichtig wäre, dass Damentennis in Österreich noch mehr Bedeutung bekommt.

3. Wenn man es mit anderen Sportarten vergleicht, hat Damentennis schon sehr viel erreicht. Ich würde es schon in einer Vorreiterrolle sehen. Ich hoffe, dass wir in ein paar Jahren nicht mehr darüber reden müssen.

4. Das Wichtigste wäre, Talente großflächig zu sichten, sie zu casten und zu fördern. Zuerst im Verein, dann im Verband und dann in den Leistungszentren. Es gibt gute Trainer, und wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass Österreich ein Tennisland ist. Also warum können wir das jetzt nicht wieder?

Foto: imago images / Zink

Marion Maruska (links), Fed-Cup-Kapitänin

1. In den Rastern bei den Turnieren in Österreich sind deutlich weniger Mädchen als Buben. Und das kaskadiert sich von der Breite in die Spitze. Wir haben mit Julia Grabher und Barbara Haas zwei Spielerinnen, die dran sind, in die Top 100 zu kommen. Tennis ist außerdem eine extrem teure Sportart.

2. Das ist schwierig zu beantworten. Es muss jedenfalls einmal jemand da sein, der das alles finanziert. Und es muss eine Bereitschaft bei den Spielerinnen da sein. Wichtiger wäre es, dass es einmal mehrere Spielerinnen in die internationale Topklasse schaffen.

3. In Österreich sind wir auf einem guten Weg, versuchen, dass bei den Turnieren ein ähnliches Preisgeld ausbezahlt wird. Es ist aber auch hier so, dass Frauen im Sport unterrepräsentiert sind. Egal ob bei den Spielerinnen, Trainerinnen, Schiedsrichterinnen oder Funktionärinnen. Wir müssen daran arbeiten, Frauen sichtbarer zu machen. Tennis ist immer noch eine Männerdomäne.

4. Ein Traum wäre es, wenn wieder zwei bis drei Spielerinnen in den Top 100 wären. Und dass dadurch das Damentennis mehr Aufschwung erlebt.

Foto: Cityfoto

Foto: Cityfoto

Barbara Schett, Ex-Top-Ten-Spielerin

1. Es ist eine Kombination daraus, dass zu wenige Mädchen Tennis spielen, dass es ein teurer Sport ist und dass es zu wenige gute Trainer gibt.

2. Womöglich wird das nie passieren, auch wenn es mich natürlich freuen würde. Es müssten einmal mehr Spielerinnen den Weg in die Top 100 schaffen. Wir sind da aber von den Männern ein wenig verwöhnt. Dass es zwei geschafft haben, ist überhaupt ein Wahnsinn. Tennis kommt hier klar nach dem Skisport. Die Öffentlichkeit weiß nicht, wie schwierig es ist, ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen und Nummer eins der Tenniswelt zu werden. Es muss alles passen.

3. Für die gleiche Bezahlung bei den Grand-Slam-Turnieren mussten wir lange kämpfen. Wenn es das nicht geben würde, würden Frauen im Tennis nicht überleben können. Im Vergleich zu anderen Sportarten läuft es im Tennis gut, es ist noch immer die populärste Damensportart der Welt. Aber in Sachen Gleichberechtigung gibt es noch viel zu tun.

4. Dass noch mehr Interesse bestehen würde, dass mehr Zuschauer nach Linz kommen würden. Gut wären auch mehrere kleinere Turniere. (Andreas Hagenauer, 8.11.2021)

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER