Setzt man bei einem iPhone 13 einen neuen Bildschirm ein, verweigert Face ID den Dienst – zumindest bis der damit gekoppelte Mikrochip umprogrammiert wurde.

Foto: Youtube/iCorrect

Schon länger wird in den USA und Europa über das sogenannte Recht auf Reparatur diskutiert. Befürworter argumentieren, dass jemand, der sich ein Gerät kauft, auch in der Lage sein sollte, zumindest gängige Reparaturen selbst durchführen zu können oder zu einem Reparaturanbieter der eigenen Wahl gehen zu können. Gegner gesetzlicher Verpflichtungen – dazu zählen laut der US-NGO PIRG (Public Interest Research Group) unter anderem Apple, Microsoft, Amazon, Google und eine Reihe anderer Konzerne – führen hingegen gerne Sicherheits- und Gesundheitsrisiken bei unsachgemäßen Reparaturversuchen ins Feld.

Speziell Apple wird in diesem Kontext häufig genannt, gelten doch viele Produkte des Tech-Riesen als nur sehr schwer reparierbar, weil man oft mit Spezialwerkzeug gegen filigrane Befestigungsmechanismen und Kleber "kämpfen" muss. Dem steigenden Druck hat das Unternehmen aber in den letzten Jahren etwas nachgegeben und damit begonnen, bestimmte Ersatzteile auch alternativen Anbietern zur Verfügung zu stellen.

Am Beispiel des iPhone 13 zeige sich nun aber, dass man in Cupertino offenbar weiterhin nicht viel davon halte, dass Kunden ihr iPhone beim Serviceanbieter ihrer Wahl reparieren lassen, schreibt "Vice". Wer einen defekten Bildschirm tauschen möchte, muss entweder zu Apple oder einem von Apple zertifizierten Unternehmen oder den Verlust von Face ID in Kauf nehmen.

Displayschäden kommen häufig vor

Dieser Umstand wiegt gleich doppelt schwer. Denn Face ID ist die einzige biometrische Sicherheitsoption, die Apples Handy anbietet. Einen Fingerabdruckscanner gibt es nicht. Folglich muss für die Entsperrung des Gerätes, die Bestätigung von Transaktionen und diverse andere Dinge auf die Eingabe des Sperrcodes oder andere Authentifizierungsformen zurückgegriffen werden. Weiters werden Nutzer nach dem Start mit der Fehlermeldung begrüßt, dass das System den Bildschirm nicht als "Original" identifizieren konnte. Wie der Reparaturanbieter iCorrect zeigt, geschieht das auch, wenn einfach nur die Displayeinheiten von zwei neuen iPhone 13 vertauscht werden.

iCorrect

Hinzu kommt, dass Bildschirme wohl die Smartphone-Komponente sind, die am häufigsten zu Bruch geht. Daten dazu gibt es nicht viele, aber der Versicherer Friendsurance berichtet beispielsweise, dass 2019 über 64 Prozent aller gemeldeten Schäden Displaybrüche waren. Das macht den Austausch, gerade bei einem der beliebtesten Mobiltelefone der Welt, natürlich auch zu einer wichtigen Einnahmequelle für Reparaturdienstleister.

Spezialsoftware nur für Apple und seine Partner

Den kaputten Bildschirm aus- und einen neuen einzubauen gestaltet sich beim iPhone 13 schon mechanisch einigermaßen herausfordernd. Was bei der neuen Generation aber hinzukommt, ist, dass das Display nun auch mit einem kleinen Microcontroller verbunden ist, der die Face-ID-Funktion an den ursprünglich eingesetzten Bildschirm koppelt und das Feature abdreht, sobald ein neues Panel eingesetzt wird.

Einen technischen Grund dafür gibt es nicht. Gemäß dem Teardown von iFixit sind Face ID und Display zwei an sich voneinander komplett unabhängige Komponenten. Ähnliches hat Apple in der Vergangenheit auch schon mit den Touch-ID-Fingerabdrucksensoren in älteren iPhone-Modellen gemacht, die aber deutlich seltener reparaturbedürftig sind als Bildschirme.

Um Face ID wieder in Betrieb nehmen zu können, muss besagter Microcontroller umprogrammiert werden, um das Ersatzdisplay zu akzeptieren. Dafür gibt es eine eigene, "geheime" Software, die Apple aber nur den eigenen Technikern und zertifizierten Reparaturstellen zur Verfügung stellt. Sie verfügt auch über eine Onlineauthentifizierung, die beim Einsatz durchgeführt werden muss, um sicherzustellen, dass kein unautorisiertes Unternehmen sie verwendet.

Komplett unmöglich ist es für externe Anbieter nicht, den Bildschirm zu tauschen, ohne dass Face ID deaktiviert wird. Jedoch muss dazu der Mikrochip des neuen Displays anstelle des alten eingebaut werden. Dies setzt voraus, dass man die Fertigkeiten und das Equipment für Mikrolötarbeiten hat, was selten der Fall ist.

US-Handelsbehörde soll neue Regeln entwickeln

Die Maßnahme von Apple stößt entsprechend auf scharfe Kritik aus der Reparaturbranche. "Das ist ein absichtlicher Schachzug, um die Möglichkeit der Kunden, ihre Geräte reparieren zu lassen, zu beschränken", schimpft etwa Justin Carroll, der Chef von Fruit Fixed, gegenüber "Vice". Wäre die Displayreparatur bei jedem Handy so aufwendig, würde er aufhören, diesen Dienst anzubieten. In der Vergangenheit entfielen bis zu 60 Prozent seines Umsatzes auf Bildschirmtausch. Man konnte das eigene Angebot seitdem diversifizieren, aber nach wie vor seien kaputte Displays mit 35 Prozent ein sehr wichtiger Faktor.

In den USA stehen die Vorzeichen immerhin auf Änderungen. Joe Biden hat via präsidialen Erlass einen Prozess ins Laufen gebracht, der letztlich auch in verbindliche Regeln für Anbieter münden könnte. Die Handelsbehörde FTC wurde beauftragt, den Status quo zu untersuchen und Maßnahmen zur Stärkung der Konsumentenrechte in Sachen Reparatur zu entwickeln. Zudem sind in zahlreichen Bundesstaaten entsprechende Gesetze bereits beschlossen oder in Vorbereitung. (gpi, 8.11.2021)