Lang Lang, der schillernde Popstar der Klassik.

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Wien – Er hatte einige Abs und Aufs in den letzten Jahren: Lang Lang, der schillernde Popstar der Klassik. Auf eine langwierige Sehnenscheidenentzündung folgten Liebe, Heiratsfeierlichkeiten auf Schloss Versailles und die Geburt eines Sohnes. Zwei Tonträger erblickten ebenfalls das Licht der Welt. Aus dem Klavierschülerlieblingsstückealbum Piano Book (2019) spielte Lang Lang am Sonntagabend eine schlicht verkitschte Deutung von Für Elise, aus den Goldberg Variations (2020) wird der 39-Jährige am Dienstag im Konzerthaus das Titelwerk interpretieren.

Zauberhafte Selbstverständlichkeit

Griegs Klavierkonzert mit dem Webern Symphonie Orchester war aber natürlich reinstes Mirakel: Der hochromantisch-virtuose Dreiteiler ist ja auch wie gemacht für den Zauberkünstler. Dabei übertrieb es Lang Lang nie, ballerte kaum herum, nur vor der A-Dur Coda zündete er einmal in Verstappen-Manier den Turbo. Ansonsten: gut abgefederte dynamische Bremsmanöver bis hin zum Superflauschpianissimo, Spielwitz, Poesie und fein dosierter Glitzer. Die Kadenz des Kopfsatzes: ein Wunder an Freiheit, klangschöner Nuanciertheit und emotionaler Vielfalt – und das alles mit einer zauberhaften Selbstverständlichkeit präsentiert. Atemberaubend. Die aparten Armgesten nehmen wir da gerne mit in Kauf und knien uns so wie Dirigent Philippe Jordan am Sonntag hin vor dem Alleskönner.

Jordan hatte zuvor Tschaikowskys wundervolle Ouvertüre-Fantasie leider etwas vergeigt, bei den gewohnt eckig-zackigen Gesten und dem martialischen Gesichtsausdruck des Staatsopern-Musikdirektors wagten die Studentinnen und Studenten der Wiener Musikuni lediglich artig-gehemmt zu musizieren: Romeo und Julia in der jugendfreien Fassung. Bei Prokofjew ging es da nach der Pause deutlich intensiver zu, in elf Auszügen aus drei Orchestersuiten zur selben Tragödie. Begeisterung. (Stefan Ender, 8.11.2021)