Originalklangskeptiker Wellber.

Foto: APA/VOLKSOPER/PETER MEISEL

Wien – Die neue Opern- und Operettenwelten, die ab September nächsten Jahres an der Wiener Volksoper (und auch im Theater an der Wien) zu bestaunen sein werden, sind schon geplant. Genaueres weiß man von Lotte de Beer natürlich noch nichts, aber am Wochenende konnte man im Konzerthaus immerhin den designierten Musikdirektor des Hauses bei der Arbeit erleben. Mit dem Wiener Symphonikern brachte Omer Meir Wellber frühes Symphonisches von Schubert (Nr.1 D-Dur) und von Bruckner (Die Nullte, d-Moll) zu Gehör, sowie Zemlinskys Sechs Gesänge nach Texten von Maurice Maeterlinck op. 13.

Fein ziseliert die Themenpräsentation bei Schubert, zierlich, puppenstubenhaft – wie Igor Levits Mozart. Im Piano ließ der Originalklangskeptiker Wellber die Geigen in einem seltsam seifigen, fadenscheinigen, anämischen Ton spielen, klingt leicht nach Synthesizer. Mit den eleganten Bewegungen eines Balletttänzers animierte der israelische Dirigent zu einer nuancierten Melodienzeichnung. Der Finalsatz pendelte zwischen Wirbeln und Säuseln.

Fehlender Glanz

Zemlinskys Maeterlinck-Gesänge (1914/26) interpretierte Christa Mayer. Die Deutsche hat in Diensten der Dresdner Semperoper (an der auch Wellber als Erster Gastdirigent wirkt) in den letzten 20 Jahren fast ihr ganzes Stimmkapital aufgebraucht, vor allem in Sachen Glanz erschien es arg defizitär. Die wundervoll überladene Musik Zemlinskys war ganz dekadente Schwüle, schweres Parfum, Brokat, mehr Klimt als Schiele. Zarah Leander hätte sich daran mal versuchen sollen.

Dynamisch und präzise gingen die Symphoniker den Bruckner an. Der 40-jährige Dirigent interpretierte das Werk eines Enddreißigers mit Verve und diesseitiger musiktheatralischer Dramatik. Die Wechsel zwischen düster drohenden Himmelsmächten und irdisch-zarter Poesie wurden eilig absolviert. Freudvoller Beifall. (Stefan Ender, 8.11.2021)