Wien hatte in den 1980er-Jahren schon einmal eine Leerstandsabgabe, sie wurde dann aber vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Nun will man einen neuen Anlauf nehmen.

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Es kommt ordentlich Bewegung in die Diskussion um den Umgang mit leerstehenden Wohnungen. Wie bereits berichtet, erheben mehrere Städte – Innsbruck und Graz – gerade ihren Leerstand, und die Bundesländer Tirol und Salzburg planen auch bereits die Einführung einer Leerstandsabgabe.

Und mit Wien sind es nun schon drei: Die Stadt- beziehungsweise Landesregierung der Bundeshauptstadt ist kürzlich schriftlich an mehrere Ministerien herangetreten. Sie mögen dafür sorgen, dass jene Bundesländer, die das wollen, eine Leerstandsabgabe einführen können, so lautet der Tenor des Schreibens, das die Wiener Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál und der Wiener Finanzstadtrat Peter Hanke (beide SPÖ) kürzlich an das Sozial-, das Justiz-, das Wirtschafts- und das Finanzministerium schickten.

Altes Gesetz wurde aufgehoben

Eine Abgabe für nicht vermietete Wohnungen wurde in Wien 1982 schon einmal eingeführt. Das Wohnungsabgabegesetz vom 30. Juni 1982 wurde allerdings drei Jahre später vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, weil das Land Wien aus seiner Sicht nicht über die notwendige Gesetzgebungskompetenz verfügte.

Nun verfolge man aber "mit großem Interesse", dass Salzburg und Tirol neue Anläufe unternehmen würden. Deshalb fordert das rot-pinke Wien die genannten Ministerien nun dazu auf, gemäß dem gemeinsamen türkis-grünen Regierungsprogramm aktiv zu werden. Die Bekämpfung von Leerstand ist ein Punkt im wohnpolitischen Teil des Regierungsprogramms.

Spekulation abstellen

Über die Pläne wurde auch am vergangenen Freitag in Innsbruck bei einer Konferenz der Wohnbaulandesräte und -rätinnen schon diskutiert, bei der die Wiener Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál allerdings nur virtuell dabei war. Bei dem Treffen ging es aber nicht nur um den Leerstand, sondern auch um den Kampf gegen Spekulation.

Bei diesem Thema war zuvor das Land Tirol bereits aktiv geworden und hatte wiederum per Schreiben an Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) eine Änderung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) begehrt. Denn wie in Wien sind auch in Tirol spekulative Geschäfte mit von gemeinnützigen Bauträgern errichteten Wohnungen auf dem Vormarsch, sagt Wohnbaulandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) dem STANDARD. Gegen diese spekulativen Geschäfte vorzugehen, sei Tirol ein besonders Anliegen. "Wir müssen da an allen vorhandenen Schrauben drehen."

WGG-Änderung erwünscht

Das Anliegen im Detail: "Genauso wie bei der Kaufoption, also der nachträglichen Übertragung einer von einem gemeinnützigen Bauträger errichteten Wohnung ins Eigentum eines Mieters, brauchen wir auch beim Soforteigentum eine Spekulationsfrist." Hier gibt es aus Sicht mancher Bundesländer noch eine Gesetzeslücke, denn wenn Gemeinnützige Eigentumswohnungen errichten, sind die oft signifikant günstiger als der Marktpreis. Das nutzen Leute aus, die sie dann relativ schnell wieder zu einem höheren Preis weiterverkaufen.

Die Spekulationsfrist bei der Kaufoption gibt es im WGG seit 2016, sie wurde zunächst mit zehn Jahren festgelegt. 2019 wurde diese Frist auf 15 Jahre ausgedehnt. So lange gibt es ein Vorkaufsrecht des betreffenden gemeinnützigen Bauträgers, die Wohnung beim Wiederverkauf zum ursprünglichen Preis zurückkaufen zu können.

Vergabekriterien auch nach Finanzierungsende

Weiteres Thema des Treffens der Wohnbaureferentinnen und -referenten waren die Vergaberichtlinien der Länder, die zu dem Zeitpunkt, zu dem ein gefördert errichtetes Wohnhaus im mehrgeschoßigen, gemeinnützigen Wohnbau ausfinanziert ist, ihre Gültigkeit verlieren. Die Landesräte haben deshalb nun auch hier ein Ersuchen an den Bund gerichtet, die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass die Länder auch dann noch Vergabekriterien festschreiben können, wenn die betreffende Wohnanlage bereits ausfinanziert ist. Somit könne man "den Zugang zu leistbarem Wohnraum nachhaltig sichern", erklärte Oberösterreichs Wohnbaulandesrat Manfred Haimbuchner (FPÖ) in einer Aussendung. Auch er war übrigens nicht persönlich vor Ort: Haimbuchner musste seine Teilnahme offenbar kurzfristig absagen, weil ein 2,5G-Nachweis verlangt wurde. Dass er den nicht liefern und deshalb nicht teilnehmen konnte, sorgte für scharfe Kritik seitens der oberösterreichischen SPÖ.

Themen des Treffens in Innsbruck waren außerdem Klimamaßnahmen in der Wohnbauförderung sowie die steigenden Baukosten, die auch dem geförderten Wohnbau zu schaffen machen. Darauf habe das Land Tirol schon mit einem Maßnahmenbündel reagiert, sagt Palfrader. So wurde etwa der Satz zur Bemessung der angemessenen Gesamtbaukosten um rund fünf Prozent, und die Möglichkeit, bauliche Erschwernisse geltend zu machen, von zehn auf 15 Prozent angehoben.

Einheitliche Berechnung der Sanierungsrate

Thematisiert wurde auch der insgesamt 750 Milliarden Euro schwere EU-Aufbauplan Next Generation EU, in dessen Rahmen Österreich in den nächsten Jahren voraussichtlich über drei Milliarden Euro an nicht rückzahlbaren Beihilfen bekommen wird. Die Länder ersuchten den Bund um eine regional gerechte Verteilung und Berücksichtigung von Sanierungsmaßnahmen. Vorarlbergs Wohnbaulandesrat Marco Tittler (ÖVP) wies auf dem Treffen darauf hin, dass sein Bundesland dem Bund schon "eine Reihe von Projektvorschlägen vorgelegt" habe, die unter anderem auch energetische Sanierungsmaßnahmen bei privaten und öffentlichen sowie auch gemeinnützigen Gebäuden enthalten würden. "Von dieser Maßnahme würden die Bewohnerinnen und Bewohner wie auch die Umwelt deutlich profitieren. Gleiches gilt für die Umstellung von Heizanlagen auf erneuerbare Energieträger."

Notwendig wäre aus Sicht der Länder auch endlich eine einheitliche Berechnung der Sanierungsrate. "So kann man einzelne Initiativen länderübergreifend vergleichen und die wirkungsvollsten Maßnahmen erkennen", sagte Salzburgs Wohnbaulandesrätin Andrea Klambauer (Neos).

Vorsitz geht an Seitinger

Palfrader, derzeit Vorsitzende der Wohnbaureferentenkonferenz, übergab zum Schluss der Tagung den Vorsitz ihrem steirischen Amtskollegen Johann Seitinger (ÖVP). Er kündigte an, inhaltliche Schwerpunkte im "für den Klimaschutz so wichtigen Sanierungsbereich" und im Bereich des leistbaren Wohnens zu setzen. (Martin Putschögl, 11.11.2021)