Marlene Dietrich, Prinzessin Diana, Madonna oder Cher sind weltbekannt. Sie als Stars oder Promis zu bezeichnen greift aber zu kurz. Der Begriff "Ikone" scheint viel angemessener. Aber was genau macht diesen Status aus? Eine, die es wissen muss, ist Tamara Mascara. Sie zählt zu den bekannteste Dragqueens Österreichs, war 2020 Kandidatin bei "Dancings Stars", veranstaltet "Circus", die größte Gay-Party des Landes, sowie eine wöchentliche Show im Schloss Schönbrunn namens "Sissi’s Royal Brunch". Sie ist also auch schon in die Rolle der Kaiserin geschlüpft. Ikonen sind ihr demnach nicht fremd.

"Die klassische Bedeutung im Sinne von Heiligendarstellungen schwingt auch heute noch mit. In der Popkultur herrscht so etwas wie ein Marienkult. Wenn man so will, sind Pop-Diven Ikonen mit Glamourfaktor", sagt die Dragqueen. Das Aussehen spiele eine wichtige Rolle, die Person müsse sofort an ihrem einzigartigen Stil erkennbar sein. "Der Mensch ist ein visuelles Wesen. Aber ein Look allein macht noch keine Ikone."

Vor allem was jene anbelangt, die in der LGBTIQ-Community verortet sind. Eine Ikone zeichne sich auch dadurch aus, dass sie für ihre Überzeugungen einsteht und sich nicht von ihrem Weg abbringen lässt. Einschlägige Ikonen würden sich für LGBTIQ-Themen starkmachen, sagt Tamara Mascara. Darum sei für sie zum Beispiel auch US-Politiker Harvey Milk, der gegen die Diskriminierung von Homosexuellen gekämpft hat, eine Ikone.
Einzigartiger Stil
Eine Frau, die alle Kriterien erfüllt, sei Marlene Dietrich: "Ihr Stil war einzigartig, ihre Looks oft sehr androgyn, obwohl sie eine totale Femme fatale war", sagt Tamara Mascara. Außerdem hätte sie sich für die Sichtbarkeit von queeren Menschen eingesetzt, als das noch überhaupt nicht üblich war: "Im Film 'Marokko' aus dem Jahr 1930 trägt Marlene Dietrich einen Frack samt Zylinder und küsst eine Frau. Die Szene hätte rausgeschnitten werden sollen. Dietrich hat sich dafür eingesetzt, dass dies nicht passiert."

Wenngleich Tamara Mascara lieber Figuren kreiert als echte nachzuahmen, ist die Inszenierung ikonischer Frauen ein wichtiger Teil der Travestie. Was ist dabei zu beachten? "Für Liveshows studiere ich die Manierismen der jeweiligen Person ganz genau: Was macht die Mimik, Gestik und Stimme aus? Bei Fotoshootings versuche ich, anhand frontaler Porträts die Gesichtszüge exakt nachzuzeichnen, und stelle ein Outfit zusammen, das wichtige Stilelemente vereint."

Bei Marlene Dietrich, erzählt die Dragqueen, seien das die hohen Augenbrauen, die stark geschwungene Lippe, markante Wangenknochen und die weißblonden, in Wasserwellen gelegten Haare. Ein funkelndes Kleid und ein Marabufedern-Mantel – beides selbst genäht – darüber, und fertig! (Michael Steingruber, RONDO exklusiv, 12.11.2021)


Dieses Fotoshooting stammt aus dem RONDO exklusiv, das am 12.11. erschien.