Nur jeder zweite Platz durfte bis vor kurzem im Hörsaal belegt werden – mittlerweile handhaben das die Universitäten unterschiedlich. Auch wie viele G akzeptiert werden, divergiert von Hochschule zu Hochschule.

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Es ist ein Bild, das für viele derzeit sehr ungewohnt ist – und es ist eines, das den Anschein erweckt, die Coronavirus-Pandemie sei bereits vorbei: Studierende, die beim Eingang der Hochschule nicht mehr nach ihrem G-Nachweis gefragt werden und später ohne Maske und Abstand im Hörsaal sitzen; so geschehen etwa vergangene Woche an einem sozialwissenschaftlichen Institut der Universität Wien.

Es scheint, als sehnten sich die Studierenden nach vier Semestern im Distanzmodus nach einem echten Unialltag, wo man in der Vorlesung mit der Kommilitonin tuscheln kann. Nur vereinzelt tragen die Kursteilnehmenden Maske, die sie zum Sprechen meist sowieso abnehmen. Voll ist der Hörsaal zwar nicht, aber wie früher drängt es sich in den hinteren Reihen, während die vorderen spärlicher besetzt bleiben.

Seit knapp zwei Wochen hat die Universität Wien ihre Corona-Regeln für den Lehrbetrieb gelockert. Nicht nur die Maskenpflicht in Hör- und Lesesälen sowie PC-Räumen ist gefallen – in den Gängen oder auf dem Weg zum Sitzplatz im Hörsaal muss weiter FFP2 getragen werden –, sondern auch die Platzbeschränkungen für den Präsenzbetrieb. Zuvor durften sich Studierende nur im Schachbrettmuster hinsetzen, damit jeder zweite Platz freiblieb.

"An den großen Standorten wird an den Eingängen flächig der Nachweis geprüft", heißt es von der Universität Wien. Bei den kleineren Instituten und Gebäuden gebe es Stichprobenkontrollen – das sei aber von Beginn an so gewesen. Daher könne es schon sein, dass man, auch ohne den grünen Pass vorzuweisen, in einem Kurs sitzt. Und: Dort kenne man die Teilnehmenden. Sollte es also einen positiven Covid-Fall geben, würden die Studierenden in dem Kurs informiert. Zusätzlich können Studierende ein Sitzplatztagebuch für sich selbst führen – als "Add-on" sozusagen.

Uni Wien bleibt bei 2,5G

Engmaschiger wird beispielsweise an der Uni Linz kontrolliert, wo noch 3G gilt: Dort bekommt man an den Check-ins ein Band mit spezifischer Farbe pro Tag, Lehrende kontrollieren nur dieses.

Trotz des österreichweiten Anstiegs der Neuinfektionszahlen und der damit einhergegangenen Verschärfungen in weiten Teilen des öffentlichen Lebens will man an der größten Hochschule des Landes jedoch weiter an der 2,5 G-Regel festhalten, heißt es von der Universität Wien: Für die Teilnahme am Lehr- und Prüfungsbetrieb müssen Studierende sowie Lehrende geimpft, genesen oder PCR-getestet sein. Argumentiert wird das mit der hohen Impfquote unter den Studierenden: Laut den Daten der Statistik Austria waren 82 Prozent der insgesamt rund 395.000 Studierenden Ende September bereits vollständig geimpft. Damit ist die Quote um 22 Prozentpunkte höher als bei der gleichaltrigen Bevölkerung, bei den 18- bis 34-Jährigen (60 Prozent).

Je weiter fortgeschritten das Studium ist, desto höher ist übrigens auch die Impfquote. Bei Bachelorstudierenden lag diese bei 82 Prozent, Diplom- und Masterstudierende waren zu 84 Prozent vollständig geimpft und jene im Doktorat sogar zu 87 Prozent. Die Unis gehen davon aus, dass die Impfquote mittlerweile gestiegen ist. In Wien und Niederösterreich liegt die Durchimpfungsrate sogar noch etwas über dem Österreichschnitt: 84 Prozent sind hier an den Hochschulen vollimmunisiert.

2G in Klagenfurt

In Kärnten, wo mit 75 Prozent die wenigsten Studierenden geimpft sind, gilt bereits ab Mittwoch an der Alpen-Adria-Universität in Klagenfurt für Studierende und Lehrende die 2G-Regel – es dürfen also nur noch Geimpfte und Genesene die Gebäude betreten. Darüber informierte Rektor Oliver Vitouch in einer Mail am Wochenende.

Ausnahmen gibt es für Prüfungen, die in Präsenz stattfinden müssen: Hier gilt entweder die 2,5-Regel, oder man muss etwa eine Seminararbeit verfassen. Zudem sind, analog zu den 2G-Regeln im Bund, Übergangsfristen vorgesehen. Vitouch erklärte dazu, dass die Impfung "auf strikt wissenschaftlicher Basis das beste Präventionsinstrument" gegen die Pandemie sei.

"Die Impfquote in Kärnten ist bescheiden", erklärt Vitouch im Gespräch mit dem STANDARD. Zwar sei die Durchimpfungsquote der Studierenden "im Vergleich zu den Altersreferenzgruppen fantastisch, aber aus epidemiologischer Sicht viel zu wenig". 20 Prozent der rund 12.000 Studierenden seien zudem international, die Infektionszahlen in Slowenien gingen "momentan durch die Decke, und man muss ein Stück weit auf grenzüberschreitende Effekte aufpassen", sagt der Rektor. "Wir kommen auch nicht mehr mit dem Contact-Tracing nach. Es ist also Gefahr im Verzug."

An der Uni Klagenfurt habe man sich die Frage stellen müssen: Fernlehre – oder "versuchen wir es mit einem anderen Weg"? Die Reaktionen auf den Schritt seien unterschiedlich gewesen, sagt Vitouch. Neben Unterstützung habe er auch "einen regelrechten Shitstorm" abbekommen. Aber: "In einer Pandemie kann man als Rektor nicht Everybody's Darling sein, sondern muss manchmal unpopuläre Entscheidungen treffen." Nachsatz: "Die Forderung nach einem Grundrecht auf Unvernunft teile ich nicht." (Andreas Gstaltmeyr, Oona Kroisleitner, Selina Thaler, 9.11.2021)