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Was das mittelständische Unternehmen Mörtingerbau mit Konzernen wie Porr, Strabag oder Swietelsky eint? Sie alle beschäftigen in der NS-Zeit jüdische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Aber nicht allen Firmen fällt der Umgang mit diesem düsteren Kapitel ihrer Chronik leicht. Die historische Aufarbeitung setzte erst in den letzten Jahren und seitens der ehemaligen Profiteure eher zögerlich ein.

Dabei ist es unbestritten, dass Millionen solcher Zwangsarbeiter in unterschiedlichen Branchen die Fundamente für den wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg legten. Ebenso unbestritten ist, dass sowohl private Unternehmen als auch etwa die Gemeinde Wien – als einer der größten Arbeitgeber – indirekt auch über Leben und Tod der jüdischen Arbeitskräfte entschieden. Denn wer einsatzfähig war und wer nicht, entschieden in der Regel die Vorarbeiter. Eine Ablehnung mangels Arbeitsfähigkeit galt als Todesurteil.

In Wien wurde am Dienstag ein Mahnmal feierlich seiner Bestimmung übergeben, das an eines der größten Verbrechen der Geschichte erinnert: Die Shoah-Namensmauer.
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Versöhnungsfonds

Die Leistung, das Leid und damit verknüpfte Schicksale dieser Opfergruppe wurden jahrzehntelang ignoriert: nicht nur von den teils bis heute tätigen Unternehmen, sondern von offizieller Seite. Erst auf internationalen Druck hatte man Ende 2000 den sogenannten "Versöhnungsfond" konstituiert, über den die Republik schließlich rund 132.000 Opfer entschädigte. Die Bauwirtschaft haderte damals durchaus mit diesem Kapitel ihrer Geschichte, da sie aufgefordert worden war, sich an Entschädigungszahlungen zu beteiligen.

Die Reaktionen fielen unterschiedlich aus: Die ÖIAG stellte eine Milliarde Schilling bereit, die Strabag zog mit 25 Millionen mit. "Mit Geld kann man hier ohnehin nichts gutmachen", aber "der Zahlungsgrund ist unbestritten", erklärte Vorstandsvorsitzender Hans Peter Haselsteiner damals. Die an der Errichtung der Gedenkstätte für österreichische Shoah-Opfer beteiligte Firma Mörtingerbau, die, wie berichtet, einst ebenfalls jüdische Zwangsarbeiter beschäftigte, leistete keine Zahlung an den Fonds. Man sei darüber nie informiert worden, erklärt Firmenchef Helmuth Seidl im STANDARD-Gespräch.

Bei der Firma Swietelsky, dem 1936 gegründeten drittgrößten Bauunternehmen Österreichs, herrschte lange Zeit keine Einsicht für eine Verantwortung. Der im Jahre 2000 amtierende Generaldirektor wollte zu den Entschädigungszahlungen nicht einmal Stellung nehmen. "Wir bedauern, uns mit diesem beschämenden Aspekt unserer Firmengeschichte bisher nicht auseinandergesetzt zu haben", liest man mittlerweile auf der Website.

Die Kehrtwende erfolgte erst vor wenigen Monaten durch Recherchen eines Historikers und eines ORF-Redakteurs. Im Februar 2020 hatte man dem Unternehmen historische Unterlagen vorgelegt, die dazu führten, dass Swietelsky sich seiner mehr als 75 Jahre zurückliegenden Vergangenheit stellt und diese von Experten mit Unterstützung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands aufarbeiten lässt. (Olga Kronsteiner, 9.11.2021)