Stefan Jochum ist nicht mehr Bürgermeister von Lech am Arlberg.

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Bregenz – Der Bürgermeister von Lech am Arlberg, Stefan Jochum, ist am Montagabend nach etwas mehr als einjähriger Amtszeit überraschend zurückgetreten. Er teilte seinen Entschluss bei einer Gemeindevertretungssitzung mit. Seinen Schritt begründete er unter anderem mit andauernden persönlichen Angriffen aus der Gemeindepolitik.

Jochum hatte bei der Gemeindewahl im Herbst vergangenen Jahres Ludwig Muxel nach 27-jähriger Amtszeit an der Gemeindespitze abgelöst. In der Stichwahl vom 28. September erreichte der 55-Jährige einen Stimmenanteil von 53,56 Prozent. Er hatte sich – als damaliger Standesbeamter von Lech – kurzfristig für eine Kandidatur bei der Bürgermeister-Direktwahl entschieden.

Politische Pattstellung

Die politischen Verhältnisse in Lech sind mit der Gemeindevertretungswahl jedoch deutlich komplizierter geworden. Traten in der Arlberg-Gemeinde 2015 und 2010 gar keine Listen an, so waren es 2020 gleich vier. Neben der "Liste Lech" (Muxel) standen auch "Unser Dorf" (Jochum) sowie "Zusammen uf Weg" und "Zukunft wagen" zur Wahl.

Die absolute Mehrheit erreichte keine der allesamt bürgerlichen Namenslisten. Von den 18 zu vergebenden Mandaten gingen acht an die "Liste Lech", fünf an "Unser Dorf", vier an "Zusammen uf Weg" und eines an "Zukunft wagen". Jochum musste also die Zusammenarbeit suchen, um Mehrheiten zusammenzubekommen.

Aufgrund der besonderen Konstellation in der Gemeindevertretung habe er nur sehr, sehr wenig erreichen können, stellte Jochum ernüchtert fest. "Ich kann nicht mehr Bürgermeister für Lech sein, weil mir die gegenseitige Wertschätzung fehlt, weil ich keine gemeinsame Gesprächsbasis finde und weil ich letztlich deswegen die vielen Ideen und Visionen, die ich, die wir für Lech hatten, in dieser aktuellen Konstellation niemals umsetzen werde können", so Jochum.

Jochum sieht sich als "Sündenbock"

Trotz all seiner Bemühungen sei es nicht gelungen, eine Kultur des wertschätzenden Umgangs auf Augenhöhe in den politischen Debatten zu etablieren. Vielmehr sei er "zum Sündenbock für alle und für alles geworden". Besonders großes Streitthema in der Kommune ist – seit Jahren – das neue Gemeindezentrum mit Investitionskosten von 42 Millionen Euro. Die Debatte über das Gemeindezentrum sei seine größte politische Enttäuschung gewesen, erklärte Jochum in einer Stellungnahme.

Laut Vorarlberger Gemeindewahlgesetz muss nun ein Nachfolger gewählt werden. Einen Wahlvorschlag für die Nachwahl des Bürgermeisters dürfen nur jene Parteien einbringen, die in der Gemeindevertretung vertreten sind. (APA, 9.11.2021)