Lisa Zach wurde für Masterarbeit mit dem Ulrich-Teichler-Preis der Gesellschaft für Hochschulforschung der Justus-Liebig-Universität Gießen ausgezeichnet.

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Wer es aus armen Verhältnissen an die Hochschule schafft und somit häufig die erste Studentin oder der erste Student in der Familie ist, muss sich härter durchboxen als andere: "Auch wenn es seit den 1950er-Jahren eine Bildungsexpansion gibt, bestehen trotzdem herkunftsbezogene Nachteile für Studierende aus sozioökonomisch schlechtergestellten Familien", sagt Lisa Zach.

Die Wissenschafterin vom Institut für persönliche Kompetenzentwicklung der FH Wiener Neustadt hat sich für ihren Abschluss an der Wirtschaftsuniversität Wien mit der Situation solcher "First in Family"-Studierenden auseinandergesetzt. Für ihre Masterarbeit wurde sie unlängst mit dem Ulrich-Teichler-Preis der Gesellschaft für Hochschulforschung der Justus-Liebig-Universität Gießen ausgezeichnet.

Zach macht darin auf ein bestehendes Paradox aufmerksam: So habe die Bildungsexpansion zwar die Bildungschancen mancher gesellschaftlichen Gruppe verbessert, aber nicht die ungleiche Chancenverteilung beseitigt. "Höhere Bildung führt nicht zu Wettbewerbsgleichheit am Arbeitsmarkt zwischen Absolventinnen und Absolventen mit unterschiedlichem sozioökonomischem Hintergrund."

Studierende, die aus bessergestellten Elternhäusern kommen, können meist auf reales und soziales Kapital zugreifen, das den Zugang zu privilegierten Beschäftigungspositionen erleichtert: finanzielle Unterstützung, akademisches Vorwissen und Vitamin B.

Soziale Ungleichheit

"Und wenn man das jetzt noch vor dem Hintergrund der Corona-Situation betrachtet, wo sichtbar wurde, dass Eltern, die entsprechend gebildet sind und über ein höheres Einkommen verfügen, ihre Kinder besser unterstützen können, sehe ich schon, dass diese Schere extrem auseinandergeht."

Aber was könnte man dagegen tun? Weil soziale Ungleichheiten bereits während der Schulausbildung deutlich werden, müsse Zach zufolge hier bereits so früh wie möglich angesetzt werden: "Man muss dafür sorgen, dass soziale Ungleichheiten nicht von einem Bildungssystem zum anderen an den Übergängen reproduziert werden."

Die Universitäten selbst müssten vor allem das Beratungsprogramm und die Vorbereitung auf die Arbeitsuche für solche Studierenden fördern — da sei man aber ihrer Meinung nach auf einem guten Weg.

Entscheidende Unterschiede

Zach selbst war ebenfalls eine "First in Family"-Studierende: Ihre Verwandten haben alle eine Lehre gemacht. "Auch wenn meine Familie nicht studiert hat, hat sie mir trotzdem alles ermöglicht, damit ich eine gute Ausbildung erhalte." Die universitäre Ausbildung musste sie dann aber allein organisieren und konnte dazu niemanden in ihrer Familie um Rat fragen.

So bemerkte sie, die neben dem Studium in der Versicherungsbranche arbeitete, schnell die Unterschiede zu Kolleginnen und Kollegen, deren Eltern studiert hatten, und fragte sich nach der Ursache: "Ich wollte schon immer die Prozesse verstehen, warum etwas so ist."

Nach einem Ausflug in die Pharmazie entschied sie sich für die Wirtschaftswissenschaft und kehrte am Schluss zu diesem Phänomen zurück. Mit ihrer prämierten Abschlussarbeit schließt sich nun ein Kreis. (Johannes Lau, 13.11.2021)