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Viel war im Vorfeld spekuliert worden. Mit dem am Montag publizierten Entwurf der Steuerreform ist nun im Detail klar, welche Änderungen auf Besitzer von Kryptowährungen zukommen. Bestätigt hat sich, dass Bitcoin und andere Kryptowährungen künftig mit anderem Kapitalvermögen wie Aktien und Fonds in einer Klasse landen. Realisiert man einen Gewinn, fällt folglich der gleiche Sondersteuersatz von 27,5 Prozent an.

Steuerprivileg abgeschafft

Diese Abgabe muss unabhängig von der Haltedauer bezahlt werden und ist folglich eine Verschlechterung für Langzeitanleger. Diese konnten eine gekaufte Kryptowährung bisher nach einem Jahr Haltefrist völlig steuerfrei verkaufen. Von Vorteil ist die neue Regelung jedoch, wenn man aktiv handelt. Realisierte man kurzfristig Gewinne, kam bisher der progressive Einkommenssteuersatz von bis zu 55 Prozent zum Tragen.

Als wohl größte Überraschung gilt, dass der Tausch von Kryptowährungen untereinander nicht mehr steuerpflichtig ist. Kaufte man bisher mit Bitcoin einen anderen Coin wie etwa Ethereum, mussten Kursgewinne bei jeder Transaktion versteuert werden. Nun wird die Steuer erst fällig, wenn man Kryptovermögen wieder in ein gesetzlich anerkanntes Zahlungsmittel wie Euro umtauscht. Weiterhin steuerpflichtig ist, wenn man mit Krypto ein Produkt oder eine Dienstleistung bezahlt.

Umstrittener Stichtag in der Vergangenheit

Für einigen Unmut könnte allerdings der nun festgelegte Stichtag bzw. die Übergangsfrist für bereits bestehendes Kryptovermögen. Denn ungeachtet dessen, dass die neuen Regeln erst am 6. Oktober 2021 im Ministerrat kommuniziert wurden und die neue Steuerregel ab 1. März 2022 in Kraft tritt, fallen rückwirkend auch alle Kryptobestände unter die neue Regelung, die nach dem 28. Februar 2021 angelegt wurden.

Wer also im Mai oder Juni im Glauben an die einjährige Haltefrist in Bitcoin oder andere Coins investiert hat, muss für etwaige Kursgewinne in jedem Fall Steuer zahlen. Alles, was vor dem Inkrafttreten der neuen Steuerregeln verkauft wird, kann zwar noch nach dem alten System veräußert werden.

Das hilft bei einer Haltedauer von unter zwölf Monaten natürlich wenig. Verkauft man vor März 2022, muss man die progressive Einkommenssteuer von bis zu 55 Prozent zahlen. Veräußert man seine Bitcoin danach, kommt der neue Steuersatz von 27,5 Prozent zur Anwendung.

Alternativ könnte man etwaige Kursgewinne dann zumindest in einen sogenannten Stablecoin transferieren. Darunter versteht man stabile Kryptowährungen wie USDC oder USDT, deren Wert sich an einer traditionellen Geldwährung wie US-Dollar oder Euro orientiert.

"Kryptofreundliche Lösung"

Die auf Kryptofragen spezialisierte Steuerexpertin Natalie Enzinger begrüßt den nun vorliegenden Entwurf. "Österreich bekommt damit auch im Vergleich zu anderen Ländern wie Deutschland eine sehr kryptofreundliche Regelung, die auch bei vielen Sonderthemen wie Staking oder Mining Klarheit schafft". Dass nicht mehr jede Transaktion zwischen Kryptowährungen als Veräußerung gelte, mache Steuerpflichtigen das Leben definitiv einfacher.

Nicht unumstritten ist hingegen, dass heimische Kryptoplattformen die anfallende Kapitalertragssteuer bei Verkäufen automatisch abführen müssen. Ob diese über diesen europa- und weltweit einzigartigen Verwaltungsaufwand glücklich sein werden, darf zumindest bezweifelt werden. Auch Enzinger bewertet diese Vorgabe als überbordend, wenngleich geplante EU-weite Regelungen schon bald in dieselbe Richtung gehen könnten.

Ministerium: "Österreich in Vorreiterrolle"

Im Finanzministerium streicht man den Schritt in Richtung Gleichbehandlung von klassischen Aktien und Anleihen mit Kryptowährungen hervor. Mit der Reform wolle man Vorurteile gegenüber den neuen Technologien abbauen und gleichzeitig für mehr Fairness für Anleger sorgen, sagte Finanzminister Gernot Blümel auf Anfrage des STANDARD. Tatsächlich können Gewinne und Verluste von Wertpapieren und Kryptowährungen künftig gegengerechnet werden.

Die Kritik am weit zurückliegenden Stichtag für Krypto-Altvermögen lässt man im Finanzministerium nicht gelten. Es sei seit langer Zeit klar gewesen, dass eine neue Regelung komme und diese auch rückwirkend gelten würde. "Es wird nie einen Stichtag geben, mit dem alle zufrieden sein werden." (Martin Stepanek, 9.11.2021)