Bild nicht mehr verfügbar.

Google verliert vor dem Berufungsgericht der EU.

Foto: Shannon Stapleton / REUTERS

Die Mühlen der Justiz mahlen langsam – und manchmal noch langsamer: Mehr als vier Jahre nachdem Google von der EU – damals zum ersten Mal – zu einer Wettbewerbsstrafe in Milliardenhöhe verurteilt worden ist, gibt es nun ein Urteil des von Google in Anspruch genommenen Berufungsgerichts. Und das Ergebnis kommt nicht ganz überraschend: Das Gericht bestätigt die Strafe in der Höhe von 2,42 Milliarden Euro.

Vorgeschichte

Die Wettbewerbshüter waren im Jahr 2017 zu dem Schluss gekommen, dass Google mit der Verschränkung von Shopping-Ergebnissen und der eigenen Suchmaschine die eigene Marktmacht unfair ausgenutzt hat. Konkret geht es dabei darum, dass Ergebnisse von Google Shopping über anderen Produktergebnissen dargestellt wurden. Dies habe einen negativen Einfluss auf andere Preisvergleichsdienste gehabt, kritisierte die EU in ihrem Erkenntnis.

Google hatte damals wie heute damit argumentiert, dass die Behauptung der Marktdominanz bei der Produktsuche nur deswegen aufgeht, weil die EU-Wettbewerbshüter gezielt Firmen wie Amazon ausgeblendet haben, auf deren Seiten viele aber längst ihre Online-Einkaufstour starten. Das EU-Gericht geht nun im aktuellen Urteil auf diesen Punkt ein: Die marktbeherrschende Position sei nicht der alleinig bestimmende Punkt. Viel mehr sei es hier so gewesen, dass Google versucht habe auf eine "benachbarten Markt" zu expandieren, in dem der eigene Preisvergleichsdienst besser positioniert wurde. Damit hätte man Konkurrenten in diesem Bereich zurückgedrängt.

Ein weiteres Argument von Google: die Verschränkung mit Ergebnissen von einzelnen Händlern sei für eine Suchmaschine nur logisch – und vor allem im Interesse der Konsumenten. Auch die Höhe der Strafe hielt man für falsch berechnet. Eine Meinung, die das Berufungsgericht ebenfalls nicht teilte, und deren Höhe nun beibehielt.

Freude

Google-Kritiker zeigen sich über die Bestätigung der EU-Strafe wie zu erwarten erfreut. So hatte die europäische Verbraucherschutzorganisation BEUC schon im Vorfeld von einem "Wendepunkt für die Wahlfreiheit der Verbraucher im Internet" gesprochen. Dabei scheint man allerdings vor allem den Symbolcharakter zu referenzieren, denn in der Praxis dürfte sich durch das Urteil zunächst einmal wenig ändern.

Das hat zwei Gründe: Einerseits musste Google schon durch den ursprünglichen EU-Entscheid diverse Anpassungen an Google Shopping vornehmen, dies etwa in Europa deutlicher von der eigenen Suchmaschine trennen. Damit hat das aktuelle Urteil aber auch keine Auswirkungen mehr auf den Betrieb von Google Shopping in der EU, diesen Aspekt betont auch Google in einer ersten Reaktion. Man habe all die geforderten Änderungen schon 2017 umgesetzt. Andererseits ist mit dem aktuellen Urteil der Instanzenweg noch nicht ausgeschöpft. Bei einer Berufung durch Google würde das Verfahren nun zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) wandern, ein finales Urteil würde dann wohl noch einmal mehrere Jahre auf sich warten. Ob Google diesen Weg tatsächlich beschreitet, ist derzeit aber noch unklar, das Unternehmen wollte sich in dieser Frage fürs Erste nicht festlegen.

Es ist viel Geld da

Klar ist auch: Finanziell ist all das für Google relativ einfach zu schlucken. Das Mutterunternehmen Alphabet hat allein im vergangenen Quartal einen Gewinn von 16 Milliarden Euro bei einem Umsatz von 56,1 Milliarden Euro erwirtschaftet. Auch Marktbeobachter scheinen von dem Urteil nicht sonderlich beeindruckt zu sein, jedenfalls zeigte der Kurs von Google-Mutter Alphabet vorbörslich keinerlei Reaktion auf die Bestätigung der Milliardenstrafe.

Das aktuelle Urteil hat aber zumindest einen gewissen symbolischen Wert, stellt es doch die erste Bestätigung für die diversen Verfahren von Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager gegen Google dar.

Viele Verfahren

Das Google-Shopping-Verfahren ist aber bei weitem nicht der einzige Rechtsstreit, den die EU derzeit mit dem kalifornischen Softwarehersteller ausficht. So wurde Google über die Jahre auch in Verfahren rund um Android und den Werbedienst Adsense zu Milliardenstrafen verurteilt. In Summe kommen die bisher gegen Google verhängten Strafen derzeit auf 8,25 Milliarden Euro. Auch hier sind derzeit noch Berufungen anhängig. Gleichzeitig laufen derzeit weitere Untersuchung gegen das Unternehmen.

Dazu kommen noch Untersuchungen gegen zahlreich andere IT-Größen, bei denen es zum Teil um ähnliche Themenbereiche geht wie bei Google Shopping – also die Bevorzugung eigener Dienste. So wird etwa Amazon immer wieder Ähnliches vorgeworfen. Die EU hat in den vergangenen Jahren aber auch gegenüber anderen Firmen wie Apple oder Facebook die Gangart deutlich verschärft. (Andreas Proschofsky, 10.11.2021)