Behandlung auf der Intensivstation: Der Zustrom an Corona-Patienten überfordert Spitäler zunehmend.

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Niederösterreich verbucht nach den Sorgenländern Oberösterreich und Salzburg die dritthöchsten Infektionszahlen. Das schlägt sich auch in den Spitälern nieder. "Die Lage ist sicher noch eine Spur entspannter als in den anderen beiden Ländern", sagt Christoph Hörmann, Primar der intensivmedizinischen Abteilung der Universitätsklinik St. Pölten: "Aber wenn der Anstieg an Patienten so weitergeht, wird es auch bei uns eng."

Die Mehrzahl der Krankenhäuser sei bereits darangegangen, planbare Operationen zu verschieben, erzählt Hörmann, der auch im Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (Ögari) aktiv ist. Doch dieser Puffer ist nicht allzu groß. Lediglich fünf bis zehn Prozent der Patienten auf der Intensivstation seien wegen längerfristig vorgesehener Eingriffe dort, und diese belegten oft nur für einen Tag ein Bett. Beim Rest handle es sich um Notfälle, auch abseits von Corona: "Die können wir nicht einfach abschaffen."

Über der kritischen Grenze

Ob Patienten abgewiesen würden, obwohl sie ein Intensivbett bräuchten? Prinzipiell werde vor jeder Intensivtherapie abgeklärt, ob diese erfolgsversprechend ist, erläutert Hörmann, aber das habe nichts mit Corona zu tun. Fälle, wo beispielsweise zwei Patienten eine Beatmungsmaschine brauchten, doch nur einer bekam sie, habe es in den niederösterreichischen Krankenhäusern bisher aber nicht gegeben.

Mediziner und Medizinerinnen sprechen über den Alltag auf Covid-Stationen.
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Spitäler könnten so lange einen Normalbetrieb fahren, als die Auslastung der Intensivstationen nicht 80 bis 85 Prozent übersteige, sagt der Arzt, schließlich müsse man für plötzliche Notfälle gewappnet sein. Mancherorts ist die Belegung jedoch bereits deutlich höher. Im Landesklinikum Amstetten sind laut Auskunft einer Sprecherin von 14 Beatmungsplätzen aktuell 13 belegt, das sind 92 Prozent.

Dass eine notwendige Intensivtherapie verwehrt wurde, sei bis dato dennoch nicht vorgekommen, heißt es aber auch hier, Gerüchte über eine "stille Triage" seien falsch. Im Notfall könne man Patienten in andere Spitäler der Region verlegen: "Das ist bereits vorgekommen."

Landesweit ein Viertel der Betten frei

Im Landesschnitt ist die Belegung weniger hoch. Laut Landesgesundheitsagentur Niederösterreich sind von insgesamt 333 Intensivbetten derzeit 78 mit Corona-Patienten besetzt und 170 mit anderen Menschen. 85 Betten stehen somit noch zur Verfügung, das sind 25 Prozent. Die Zahlen seien aber nur eine Momentaufnahme, die sich schnell ändern könne, heißt es.

Am Limit sei nach bald zwei Jahren Pandemie jedenfalls das Personal, halten sowohl die Amstettener Spitalssprecherin als auch Primar Hörmann fest: "Alle sind ausgelaugt." (Gerald John, 11.11.2021)