Wenn sie einmal vorbei sein sollte, diese Pandemie, dann müssen wir reden. So kann es nicht mehr weitergehen mit den Landesfürstentümern.

Mit welchem Ausmaß an Ignoranz, gepaart mit Überheblichkeit und Missmanagement einzelne Bundesländer von ihren dortigen Regierungen ins Pandemiechaos geführt worden sind, muss eine Diskussion über deren Verantwortung, aber auch über die föderale Struktur der Republik nach sich ziehen.

Die furchterregende Performance von Landeshauptleuten wie Wilfried Haslauer in Salzburg oder Thomas Stelzer in Oberösterreich legt ein prinzipielles innenpolitisches Problem des hiesigen Föderalismus offen: Wenn es wirklich ernst wird, wenn Krisenmanagement, Qualifikation, stringente Organisation gefordert sind, wenn aber die eigene Hilflosigkeit größer wird als die Problemlösungskompetenz, dann wird nach dem Bund gerufen. Der soll’s dann richten und "von oben" befehlen.

Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer hat aus parteipolitischem Kalkül das Thema Pandemie im Landtagswahlkampf weitgehend ausgespart.
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Allein wagen sie es nicht, ihren Landsleuten die Wahrheit über notwendige Covid-Restriktionen zuzumuten. Sie verharmlosen oder – wie der Salzburger Haslauer – schwurbeln Unverschämtes über Virologen, die die Menschen in Zimmer einsperren wollten, wo sie dann an Depressionen oder Hunger sterben.

Sie ducken sich weg, bevor sie eigenständig und selbstverantwortend auch unpopuläre Maßnahmen initiieren und mittragen. Da werden Prognosen gebogen, die Wissenschaft angepatzt und so lange Widerstand gegen notwendige Einschränkungen geleistet, bis es wirklich nicht mehr geht.

Eindämmung der Pandemie

Ein Paradebeispiel des regionalen Egoismus hat Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmann geliefert. Aus parteipolitischem Kalkül hat Stelzer das Thema Pandemie im Landtagswahlkampf weitgehend ausgespart, nur um von FPÖ-Wählern und Covid-Leugner noch einige Stimmen einzusammeln, statt sich effektiv auf die Eindämmung der Pandemie vorzubereiten. Diese hat zu diesem Zeitpunkt wieder Fahrt aufgenommen.

Es hat die Länder ja niemand gezwungen, nicht zu handeln. Sie hätten genügend Kompetenzen, um in Eigenverantwortung Schutz für ihre Bevölkerung zu organisieren. Was hinderte die regionalen Regierungen und Gesundheitsbehörden zu Beginn der Pandemie, ihre Landesheime genau zu kontrollieren und zu regelmäßigen Tests anzuhalten. Oder die Testungen in den Schulen logistisch optimal vorzubereiten?

Die Länder haben ausreichend Instrumentarien und Möglichkeiten in der Hand, um zu handeln. Auch Aufklärung, kluge Impfkampagnen und gute Krisenkommunikation könnten die Regionen vor Ort organisieren. Man muss hier keine theoretischen Diskurse über die rechtlichen Möglichkeiten der Länder führen: Ein Blick nach Wien oder ins Burgenland genügt, um zu sehen, was geht, wenn man will und nicht einfach bequem wartet, bis der Bund liefert.

Natürlich haben die letzten Monate vor Augen geführt, dass auch die Regierung, das Gesundheitsministerium, vieles vermurkst hat und man Zweifel an deren Handlungsfähigkeit äußern darf. Aber umso mehr wären die Länder aufgefordert, selbst die Initiative zu ergreifen.

Die Pandemie hat gezeigt, wie ineffektiv dieses föderale Ego-System auf vielen Ebenen mittlerweile ist. So wie es jetzt in der Covid-Notsituation abläuft, kann es sogar lebensgefährdend werden. (Walter Müller, 12.11.2021)