Cannabiskonsum während der Schwangerschaft kann die Entwicklung des Kindes negativ beeinflussen.

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Wenn Schwangere Cannabis konsumieren, kann das dazu führen, dass ihre Kinder anfälliger für Stress, Angstzustände und Aggression sind. Zu dieser Erkenntnis kommen Forschende der Icahn School of Medicine am New Yorker Mount-Sinai-Spital und der City University of New York. Die Studie wurde am Montag in der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) veröffentlicht.

"Wir wissen, dass die Cannabinoid-Signalübertragung eine Rolle bei der Modulation von Stress spielt, weshalb manche Menschen Cannabis konsumieren, um Ängste abzubauen und sich zu entspannen", sagte Yoko Nomura, Psychologieprofessorin und Erstautorin der Studie. Der Konsum während der Schwangerschaft führe jedoch auch zum Gegenteil: Kinder, die während der Schwangerschaft mit Cannabis in Berührung kommen, weisen ein höheres Maß an Angst, Aggression und Hyperaktivität auf, als jene, die keinen Kontakt damit hatten.

Stress und höhere Ängstlichkeit

322 Mutter-Kind-Paare wurden in dieser Studie untersucht. Die Teilnehmenden waren Teil einer Langzeitstudie zu Stress in der Schwangerschaft in New York City. Der mütterliche Cannabiskonsum steht bei Kindern in Zusammenhang mit einer Veränderung des Zeitintervalls zwischen den Herzschlägen – ein Anzeichen für eine erhöhte Stressempfindlichkeit. Dies fand man heraus, indem der Hormonspiegel und die Herzfunktion in einer stressauslösenden Situation gemessen wurden.

Zudem konnten die Forscherinnen und Forscher eine höhere Ängstlichkeit bei Kindern feststellen, wenn sie vor der Geburt in Berührung mit Cannabis kamen. Eine RNA-Analyse von Plazentagewebe zum Zeitpunkt der Geburt zeigt: Der Cannabiskonsum während der Schwangerschaft unterdrückt beim Kind immunaktivierende Gene. Das steht auch in Verbindung mit einer höheren Ängstlichkeit.

Mehr Aufklärung nötig

Die Forscherinnen und Forscher üben auch Kritik an der öffentlichen Cannabisdebatte. Die negativen Auswirkungen des Cannabiskonsums seien unterrepräsentiert. "Schwangere Frauen werden mit der Fehlinformation bombardiert, dass Cannabis keine Risiken birgt, während die Realität ist, dass Cannabis heute stärker wirkt als noch vor einigen Jahren", sagte Yasmin Hurd, Direktorin am Institut für Suchtforschung am Mount Sinai und Hauptautorin der Studie. Es brauche mehr Aufklärungsarbeit und genauere Informationen über die Risiken des Cannabiskonsums während der Schwangerschaft.

In Kanada, Uruguay und einigen Bundesstaaten der USA ist der freizeitmäßige Konsum von Cannabis erlaubt. Im Zuge der Koalitionsverhandlungen in Deutschland wird über eine Legalisierung diskutiert. In Österreich wird Cannabis als Suchtgift eingestuft und fällt damit unter das Suchtmittelgesetz. (Verena Mischitz, 16.11.2021)