Vertreter der Kryptoszene stoßen sich am weit in der Vergangenheit liegenden Stichtag für Altvermögen.

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Die geplante rückwirkende Besteuerung von Kryptowährungen sorgt weiterhin für Unmut. Mit einer Petition und einer eingebrachten Stellungnahme wollen Vertreter der Kryptobranche das Finanzministerium noch zum Umdenken bewegen. Sie fordern, den rückwirkend auf 28. Februar 2021 festgelegten Stichtag stattdessen mit 31. Dezember 2021 anzusetzen. In der Begründung führen sie an, dass der zurückliegende Stichtag "aus heiterem Himmel" gekommen sei und daher das Steuerrecht "unvorhersehbar und nicht fairer" mache, was dem eigentlich formulierten Anspruch der Regierung widerspreche.

Tausende Unterstützer für Petition

Nicht nur werde Langzeitanlegern, den sogenannten "Hodlern", das Vertrauen auf die steuerfreie Haltefrist nach einem Jahr genommen. Der in der Mitte des Jahres gesetzte Stichtag führe auch dazu, dass für ein Kalenderjahr unterschiedliche Rechtslagen anzuwenden seien, womit das Steuerrecht für diesen Zeitraum ebenfalls "schwieriger und nicht einfacher" werde, was einen erheblichen Mehraufwand für Betroffene und Behörden nach sich ziehe.

"Das ist für die Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung unglaublich komplex – man muss quasi zwei Steuererklärungen für ein Jahr abgeben", sagt Steuerrechtler Georg Brameshuber zum STANDARD. Er hat die Stellungnahme im Namen des Krypto-Treuhänders Validvent eingebracht. Eigenen Angaben zufolge hat die auf dem Unternehmensblog publizierte Petition in 48 Stunden bereits über 2.000 Unterstützer gefunden. Auf der Parlamentsseite selbst haben bis dato über 1.100 Personen unterschrieben.

"Vor dem VfGH chancenlos"

Mit der Stellungnahme, die wie alle anderen zur Steuerreform noch bis 6. Dezember unterstützt werden kann, wollen die Initiatoren politischen Druck erzeugen. Denn rechtlich sei der rückwirkende Stichtag aufgrund eines ähnlichen VfGH-Urteils aus dem Jahr 1993 nicht angreifbar. Damals ging es um die Verlängerung der Spekulationsfrist bei Grundstücken von fünf auf zehn Jahre, was vom Höchstgericht als zulässig beurteilt wurde. "Die Schlacht ist vor dem VfGH nicht zu gewinnen, daher hoffen wir auf ein politisches Einlenken", sagt Brameshuber.

Wie andere Vertreter der heimischen Kryptobranche wird auch bei Validvent die geplante Reform weitgehend positiv beurteilt, da sie wie in kaum einem anderen Land klare Regeln und Rechtssicherheit bei der Besteuerung von Kryptowährungen schaffe. Auch die umstrittene KESt-Abgabepflicht, die bereits vor einer EU-weiten Regelung für in Österreich ansässige Dienstleister kommen soll, könne sich am Ende als Vorteil entpuppen, wenn auf EU-Ebene nachgezogen werde. Die heimischen Unternehmen hätten dann sogar einen Zeitvorsprung bei der Umsetzung.

Diverse Stellungnahmen beklagen Stichtag

Wie ein Blick auf die Stellungnahmen auf der Parlamentsseite zeigt, sind die Initiatoren der Petition mit ihrer Kritik an der nachträglichen Kryptobesteuerung nicht allein. Unter den 84 Beiträgen finden sich diverse von Privatpersonen, die den Wegfall der Haltefrist als unfair kritisieren. Eine Bürgerin sieht besonders kleine Anleger im Nachteil, die mit langfristiger Perspektive investiert hätten. Ein anderer schreibt, dass er vor einigen Monaten nicht investiert hätte, wenn er von der Gesetzesänderung gewusst hätte.

Im Finanzministerium ist die Kritik am weit zurückliegenden Stichtag für Krypto-Altvermögen bisher auf taube Ohren gestoßen. Es sei seit langer Zeit klar gewesen, dass eine neue Regelung komme und diese auch rückwirkend gelten würde. "Es wird nie einen Stichtag geben, mit dem alle zufrieden sein werden", teilte das Ministerium auf Anfrage des STANDARD mit. Man darf gespannt sein, ob der Stichtag mit Ende der Begutachtungsfrist doch noch geändert wird. (Martin Stepanek, 16.11.2021)