Möglicherweise hat Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein einen Fehler gemacht. Er hat eine nächtliche Ausgangssperre propagiert, die so nicht mit dem Koalitionspartner ÖVP abgesprochen war. Und die schon gar nicht beschlossen war, wie er angedeutet hat. Das trägt nicht dazu bei, eine einheitliche Kommunikationslinie zu finden, der man folgen und vor allem glauben kann. Denn die Glaubwürdigkeit der Politik, also der Bundesregierung und der Bundesländer, ist bereits einigermaßen ramponiert.

Möglicherweise hat Mückstein aber auch nur einen Vorschlag gemacht und eine Idee ventiliert, deren Sinnhaftigkeit nicht "dahingestellt sei", wie Kanzler Alexander Schallenberg das abschätzig formuliert hat, sondern durchaus nachvollziehbar ist. Dass sich der Gesundheitsminister Gedanken darüber macht, wie man die aufbrandende Infektionswelle durchbrechen und damit einen drohenden Lockdown verhindern kann, erscheint logisch. Das ist seine Aufgabe. Dass solche Überlegungen nicht innerhalb der Regierung abgesprochen werden, ehe sie nach außen kommuniziert werden, ist zumindest ungeschickt. Eine Meinungsverschiedenheit, die man ausreden könnte. Möchte man glauben.

Die Regierung ist zurzeit weder glaubwürdig noch vertrauenswürdig.
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Die Heftigkeit, mit der die ÖVP darauf reagiert und den Gesundheitsminister gemaßregelt hat, war doch überraschend. Da haben sich Ärger und Aggression in einem Ausmaß entladen, das auf eine tiefe Zerrüttung der Koalition schließen lässt. Vielleicht sind da auch alte Rechnungen beglichen worden. Diese Vehemenz hätte man sich im Umgang mit den Landeshauptleuten gewünscht.

Zerstritten, uneinig, mit blanken Nerven – das ist keine Regierung, der man zutraut, uns mit sicherer Hand durch die Krise zu führen.

Zumutung

Gerade jetzt wäre es wichtig, ganz vorn in dieser Republik ein Team zu haben, dem man zuhören kann, dem man glauben kann, dem man folgen kann. Vor allem aber auch: eine Regierung, die man verstehen kann. Allein was sich derzeit in den Schulen abspielt, ist der blanke Irrsinn. Kein Mensch kennt sich da mehr aus, wer wann nach Hause geschickt werden muss, wer bleiben darf, wer wo Masken tragen muss oder auch nicht. Das ist eine Zumutung für die Kinder, die Lehrer, die Eltern.

1G, 2G, 3G, plus und minus, einhalb, auf- und abgerundet, wer kennt sich da noch aus? Selbst mit gutem Willen ist es schwierig, durch die immer neuen Anordnungen durchzusteigen und zu verstehen, was wo Vorschrift ist. Und diesen guten Willen haben immer weniger, auch nicht jene, die bisher allen Vorgaben brav gefolgt sind und sich mittlerweile um die dritte Impfung anstellen.

Die Geduld geht langsam zur Neige. Ganz zu schweigen von jenen, die ohnedies immer schon skeptisch waren, in offener Opposition zur Regierung stehen und sich jetzt mit einer massiven Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit konfrontiert sehen. Ihr Widerstand wird wachsen, das wird sich nachhaltig niederschlagen. Und das ist nicht gut.

Die Regierung bietet einfach zu viele Angriffsflächen. Sie ist nicht glaubwürdig, sie ist kaum noch vertrauenswürdig. Sie macht es ihren Gegnern allzu leicht, ihre Reputation anzugreifen und damit alle Maßnahmen, die uns vor dieser Infektionswelle schützen sollen, infrage zu stellen. Es sind zu viele Fehler gemacht worden. Damit muss jetzt Schluss sein.

Die Katastrophe ist absehbar. Macht endlich euren Job. (Michael Völker, 16.11.2021)