Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) wollten am Mittwoch über E-Ladestationen und landwirtschaftliche Geschäftspraktiken sprechen.

Foto: APA/HANS PUNZ

Mittwochfrüh benötigte man für die aktuellen Nachrichten starke Nerven. In einem Spital in Oberösterreich sind in den vergangenen Tagen so viele Menschen gestorben, dass für die Leichen kein Platz mehr war. Sie mussten in Gängen abgelegt werden. "Es brennt, und du nimmst keinen Feuerlöscher, sondern Benzin", sagt eine Pflegekraft aus der betroffenen Klinik.

Die Salzburger Krankenhäuser bereiten sich derweil darauf vor, Patienten nach Überlebenschancen zu sortieren, weil es für alle womöglich bald keine Intensivbetten mehr gibt. Österreichweit jagt ein Höchstwert den nächsten: 14.416 Corona-Neuinfektionen waren es am Mittwoch, ein neuer Rekord seit Krisenbeginn. Und die türkis-grüne Bundesregierung? Die trägt seit Tagen auf offener Bühne einen Streit aus: Braucht es härtere Maßnahmen für alle (wie die Grünen finden) oder nicht (wie die ÖVP meint)?

Jetzt geht's gleich um E-Ladestationen!

Mittwochfrüh fand auch ein Ministerrat statt. Das ist ein allwöchentliches Treffen der gesamten Regierung zu aktuellen Angelegenheiten. Diese Woche stellten sich danach Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadić (Grüne) vor die Presse. Sie hatten drei Themen: Maßnahmen gegen unfaire Geschäftspraktiken im landwirtschaftlichen Lebensmittelhandel, E-Ladestationen in Wohnhäusern und die Verlängerung der Kronzeugenregelung. Alles wichtig, keine Frage.

Aber trotzdem: wie bitte? Das sind die Themen, die heute vorrangig zu erläutern waren, nachdem die Regierung beraten hatte? Köstinger freute sich gleich einleitend: "Ein guter Tag für Bäuerinnen und Bauern!" Fast will man ihr entgegenrufen: und ein schlechter für Intensivmedizinerinnen, Pflegepersonal und alle Corona-Kranken!

Impfpflicht wird nun geprüft

Zur Verteidigung der Bundesregierung: Natürlich gibt es auch in Krisen andere – vermeintlich nicht so dringliche – Themen, die dennoch behandelt werden müssen. Selbstverständlich darf die Politik auch in Zeiten wie diesen nicht alles außer Corona vernachlässigen. Köstinger soll Bäuerinnen und Bauern einen guten Tag bescheren, unbedingt. Aber wir befinden uns an einem neuen Höhepunkt dieser Pandemie. Dutzende Menschen sterben täglich. Die breite Öffentlichkeit erwartet sich andere Antworten.

Entsprechend fielen die Nachfragen der Journalistinnen aus: Natürlich ging es nur um Corona. Dazu hatten die Ministerinnen allerdings nicht viel zu sagen. Der Lockdown für Ungeimpfte sei bereits ein "massiver" Einschnitt, erläuterte Köstinger die bekannte Position der ÖVP, warum vorerst keine Verschärfungen notwendig seien. Die Lage ist dramatisch, betonte Zadić mehrfach, um die grüne Ansicht verständlich zu machen. Die vom Gesundheitsminister angekündigte Impfpflicht für Gesundheitsberufe werde gerade rechtlich geprüft. Noch Fragen?

Vielleicht wäre es besser, die Regierung berät auch noch den restlichen Tag. (Katharina Mittelstaedt, 17.11.2021)