Das Reparieren von Apple-Geräten soll künftig leichter von der Hand gehen.

Foto: Ifixit

Wer sein kaputtes iPhone selbst herrichten will, kann dies künftig ganz offiziell und mit dem Sanktus von Apple tun. Der Konzern kündigte am Mittwoch überraschend an, Originalersatzteile, Werkzeuge sowie Reparaturanleitungen für Kunden anzubieten, die sich den Tausch eines kaputten Displays, fehlerhaften Akkus oder einer beschädigten Kameralinse selbst zutrauen. Diese sollen über Apples Onlineshop bestellt werden können. Für retournierte gebrauchte Komponenten erhalten Kunden eine Gutschrift für den nächsten Einkauf.

Ab iPhone 12 und Mac mit M1

Wie Apple auf Nachfrage des STANDARD mitteilt, wird die "Self-Service-Reparatur" zunächst für das iPhone 12 und iPhone 13 angeboten. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen auch Ersatzteile und Reparaturanleitungen für Macs mit dem Apple-eigenen M1-Chip verfügbar sein. Zum Start des Programms für technikversierte Bastler werden 200 Einzelteile und Werkzeuge angeboten. Der Fokus liegt zunächst auf Display, Akku und Kamera – aber auch andere Gerätekomponenten sollen künftig selbstständig getauscht werden können.

Das neue Reparaturprogramm wird Anfang 2022 in den USA starten und im Laufe des Jahres auf weitere Länder ausgeweitet werden. Details, welche Regionen zu welchem Zeitpunkt hinzugefügt werden, wurden noch nicht kommuniziert. Mit der Option wolle man Kunden eine noch größere Auswahl bieten, wenn eine Reparatur notwendig sei. Alternativ könne man natürlich weiterhin 5.000 autorisierte Apple-Service-Provider sowie 2.800 unabhängige Reparaturanbieter aufsuchen, die ebenfalls mit Originalersatzteilen versorgt werden.

Kehrtwende für Apple und die Branche

Die Ankündigung markiert eine strategische Kehrtwende Apples in puncto Reparierbarkeit, die große Vorbildwirkung für den Rest der Branche haben könnte. Über viele Jahre hinweg hatten sich die Hersteller mit immer kompakterer Bauweise übertrumpft. Um Platz zu sparen, wurden Komponenten verklebt oder fix verbaut, wie etwa die Akkus in Smartphones und Notebooks, aber auch Speicher. Wer Reparaturblogs wie iFixit folgt, konnte diesen Trend gut beobachten.

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Lediglich das kleine, niederländische Projekt Fairphone versuchte mit gezielt modularer Bauweise und Schrauben statt Kleber gegenzusteuern. Mittlerweile ist die vierte Version des nachhaltigeren Handys verfügbar. So weit ist man bei Apple derzeit noch nicht. Die aktuellen iPhones 12 und 13 seien aber jene mit der höchsten Reparierbarkeit, betont der Konzern. Dazu komme, dass man auf die Haltbarkeit und Langlebigkeit besonderen Wert lege und daher auch jahrelang Software-Updates auch für ältere Geräte anbiete. In der Tat zählt Apple beim letzten Punkt zu den Vorbildern im Markt.

Kritik am verhinderten Displaytausch

Mit der Ankündigung könnte der Konzern auch eine Kontroverse im Keim ersticken, die angesichts der Pläne besonders seltsam anmutet. So funktioniert beim iPhone 13 die Gesichtserkennung Face ID zum Entsperren des Geräts nicht mehr, wenn das Display abseits offizieller Apple-Reparaturstellen getauscht wird. Offenbar muss ein Mikrocontroller neu kalibriert werden, was ohne Hilfe Apples aber unmöglich ist.

Zuletzt ließ das Unternehmen durchklingen, dass das Problem in Kürze softwareseitig gelöst werde. Damit reparierfreudige Kunden künftig nicht Ähnliches passiert, wird die offizielle Kalibrierung des Geräts auch Teil der "Self-Service-Reparatur" werden. Damit will Apple sicherstellen, dass die getauschten Displays, Akkus und Kameras in reparierten Geräten als Originalkomponenten erkannt werden.

Recht auf Reparatur in USA und Europa

Abgesehen vom grüneren Image, an dem Apple unter anderem mit einer Reihe von Recyclingmaßnahmen arbeitet, reagiert der Konzern auch auf politische Bestrebungen in den USA sowie Europa, ein "Recht auf Reparatur" gesetzlich zu verankern. Auf Basis einer seit März 2021 geltenden EU-Richtlinie müssen gewisse Geräte wie Kühlschränke, Waschmaschinen und Fernseher bereits bis zu zehn Jahre reparierbar sein. Weitere Vorschriften könnten demnächst für kleinere Geräte wie Handys beschlossen werden. (Martin Stepanek, 17.11.2021)