Operationen für Hochrisiko-Krebspatienten können in Salzburg nicht mehr zeitgerecht durchgeführt werden.

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In Salzburg ist nun der Ernstfall eingetreten. Eine harte Triage stehe nicht mehr bevor, sondern sei bereits gelebte Realität, bestätigt der ärztliche Leiter der Barmherzigen Brüder, Friedrich Hoppichler, einen Bericht der "Salzburger Nachrichten". "Ab jetzt können gewisse Operationen von Karzinompatienten nicht mehr zeitgerecht durchgeführt werden", sagt Hoppichler zum STANDARD. Die Bettensituation sei aufgrund der Kapazitäten, die für Covid-Patienten benötigt werden, so angespannt, dass keine Intensivbetten mehr frei seien und Personal fehle. Der Geschäftsführer des Spitals, Arno Buchacher, habe das in einer schriftlichen Anzeige an den Salzburger Gesundheitslandesrat Christian Stöckl (ÖVP) gemeldet.

"Die Pufferkapazität war für Highrisk-Patienten reserviert, jetzt gibt es für die auch keine Intensivbetten mehr", so Friedrich Hoppichler, ärztlicher Leiter des Barmherzigen-Brüder-Krankenhauses in Salzburg.

An der Urologie etwa könnten bereits Operationen von Hochrisikopatienten mit Prostatakrebs nicht mehr in den Zeiträumen, wo sie operiert werden sollen, durchgeführt werden, erklärt Hoppichler. Bisher sei das nur bei weniger aggressiven Tumoren der Fall gewesen, also eine Triage light. Auch da sei bereits priorisiert worden. "Die Pufferkapazität war für Highrisk-Patienten reserviert, jetzt gibt es für die auch keine Intensivbetten mehr", betont der ärztliche Leiter. Die Entscheidung, welcher Patient zu welchem Zeitpunkt operiert werde, liege derzeit im Ermessen des Arztes. Nun werde diskutiert, ob Patienten an andere Bundesländer überwiesen werden.

Gewichtung der Patienten

Auch am Uniklinikum Salzburg müssen dringende Krebsoperationen verschoben werden. Laut dem Sprecher des Uniklinikums, Wolfgang Fürweger, gebe es zwar noch keine Ex-post-Triage, bei der bei einer nicht ausreichenden Anzahl an Beatmungsplätzen ein Patient extubiert wird, um den Platz einem anderen intensivpflichtigen Patienten zu geben. Aber eine Gewichtung der Patienten passiere bereits. Wie der STANDARD berichtete, hat die Salzburger Landesklinik bereits ein Triage-Team eingesetzt, das künftig entscheiden soll, welcher Patient ein Intensivbett bekommt.

Von den insgesamt 135 Intensivbetten in Salzburg waren am Donnerstag 31 mit Covid-Patienten und 82 mit anderen Patienten belegt. Das entspricht einer Auslastung von 83 Prozent. Am Vortag lag sie noch bei 93 Prozent. Die großen tagesaktuellen Veränderungen bei der Anzahl der Intensivbetten erklärt Fürweger so: Einerseits könnten viele Intensivpatienten nach einer Operation zum Glück schnell wieder auf die Normalstation verlegt werden. Andererseits sterben Patienten. Allein in Salzburg gab es in zwei Tagen sieben Tote, seit Anfang November verstarben 30 Menschen in Salzburg an Corona.

Krebshilfe warnt vor noch nie dagewesener Situation

Auch in anderen Bundesländern ist die Situation nicht entspannt. Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe, warnt: "Noch nie zuvor gab es in Österreich die Situation, dass Krebspatientinnen und -patienten fürchten mussten, nicht entsprechend medizinisch versorgt zu werden."

Ähnlich dramatisch ist die Situation in der Kardiologie. Bernhard Metzler, Präsident der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft, warnt, dass die Versorgung von Herzpatienten akut in Gefahr sei: "Herzerkrankungen sind in der westlichen Welt nach wie vor die häufigste Todesursache. Täglich sterben daran deshalb mehr Menschen als an Corona. Bereits in der ersten Covid-Welle sind weltweit zweifelsfrei Kollateralschäden in der Herzinfarktversorgung durch die Pandemie gezeigt worden. Das darf sich nicht wiederholen." (Stefanie Ruep, Pia Kruckenhauser, 18.11.2021)