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In der Schifffahrt staut es, was zu globalen Lieferverzögerungen führt. Das wiederum treibt die Preise an.

Foto: REUTERS/Ann Saphir

Basel – Die Preise steigen und steigen. Fast jedes Monat erreicht die Inflationsrate ein seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr da gewesenes Hoch. In Österreich waren es im Oktober 3,7 Prozent, der höchste Wert seit 13 Jahren. Die Schweizer Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) gibt in einer aktuellen Studie vor allem den weltweiten Lieferkettenengpässen Schuld an diesem Anstieg.

In der Studie heißt es, dass die Inflationsrate ohne Engpässe im Euroraum bei rund 1,5 Prozent (Oktober 4,1 Prozent) läge und in den USA bei rund 2,5 Prozent (Oktober 6,2 Prozent). Vorausgesetzt die Inflation wäre angestiegen wie im Zeitraum zwischen 2010 und 2019. Wo liegt das Problem?

Kettenreaktionen

Zwar hat die globale Wirtschaft wieder deutlich an Fahrt aufgenommen, unterbrochene Versorgungsketten behindern die Erholung dennoch deutlich. Verstärkt werde all das durch einen pandemiebedingt höheren Güterkonsum im Vergleich zu Dienstleistungen, beschreibt die BIZ die Situation.

Es mangelt an Rohstoffen, Vorprodukten und Halbleitern, wodurch logischerweise Endprodukte nicht fertig werden. Eine problematische Kettenreaktion für die Weltwirtschaft, die die Preise steigen lässt. Ein Blick auf eine Baustelle reicht, um all das zu verstehen. Wer heuer bauen wollte und Holz oder Stahl brauchte, musste lang warten und deutlich mehr bezahlen. In der Autobranche macht sich der Chipmangel deutlich bemerkbar. Das Opelwerk im deutschen Eisenach etwa schließt bis Jahresende seine Pforten.

Doch auch die Transportpreise trugen einen gehörigen Teil zum Preisschub bei, heißt es in der Studie. Vor allem zwischen den USA und Asien stiegen die Preise in der Containerschifffahrt, zudem sei es zu Verzögerungen in den Häfen gekommen.

Peitscheneffekt

Als einen zweiten Faktor für den Preisschub nennt die BIZ den "bullwhip effect" (Peitscheneffekt), der zu Nachfrageschwankungen führt. Verhaltensweisen ändern sich. Entlang der Lieferkette würden immer wieder Produkte gehortet werden, schließlich rechnen die meisten mit Engpässen. Das wiederum verschlimmert die Situation, führt zu noch längeren Wartezeiten, und Händler beziehungsweise Produzenten beginnen noch mehr zu horten. Ein Teufelskreis.

Die BIZ geht davon aus, sobald sich die relativen Preise an die Situation von Angebot und Nachfrage angepasst haben, würde sich die Situation wieder entspannen. Nichtsdestotrotz könne der Inflationsdruck länger aufrecht bleiben als aktuell angenommen, wenn die Engpässe lange genug bestehen, um ein Lohn-Preis-Spirale in Gang zu setzen. Steigende Preise führen dabei steigenden Löhnen, dadurch wiederum steigen die Inflationserwartungen. Das lässt Preise und dann wieder die Löhne weiter steigen. Einmal in Gang, lässt sich diese Spirale schwer stoppen.

Inflation im Euroraum

In der Eurozone verteuerten sich die Preise im Oktober im Schnitt um 4,1 Prozent, wie die EU-Statistikbehörde Eurostat am Mittwoch mitteilte. Das ist der höchste Wert seit Mitte 2008, als die Rate ebenfalls 4,1 Prozent erreicht hatte. Im September 2021 lagt die Rate bei 3,4 Prozent.

Die Europäische Zentralbank (EZB) steuert eine Inflationsrate von zwei Prozent an. Obwohl dieses Ziel derzeit klar überschritten wird, will die EZB auf den Preisauftrieb nicht reagieren. Sie erachtet die Entwicklung als überwiegend temporär und rechnet im kommenden Jahr mit rückläufigen Inflationsraten. Diese Sichtweise wird jedoch nicht von allen Fachleuten geteilt. (Andreas Danzer, 18.11.2021)