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In Dubai ist der Energieverbrauch pro Kopf höher als fast überall auf der Welt. Der Anteil erneuerbarer Energien ist gering – im einstelligen Prozentbereich.

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Dubai – Draußen kratzen die Temperaturen am frühen Nachmittag an der Marke von 30 Grad, im Hotel hat es knapp 20 Grad. Es ist fast ein bisschen kühl, meint die eine oder andere Person, die mit der Delegation von Wirtschaftsministerium und Wirtschaftskammer aus Österreich nach Dubai angereist ist. Aber im Zweifel kühlt man hier am Golf stärker runter. Das kostet Energie, aber die gibt es in den ölreichen Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) im Überfluss. Der Energieverbrauch pro Kopf zählt hier zu den höchsten weltweit.

Meistens scheint die Sonne im Südosten der arabischen Halbinsel. Ideal für Photovoltaik, befindet nicht nur die Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). Trotzdem stillen die Emirate nur einen winzigen Teil ihres Energiehungers aus erneuerbaren Energiequellen wie der Sonne. Pro Einwohner stießen die Emirate 2018 rund 21 Tonnen Kohlendioxid aus, mehr als doppelt so viel wie ein durchschnittlicher Einwohner der EU. Das muss sich dringend ändern, weiß man auch in Dubai.

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Nicht nur Öl, auch Sonne gibt es in den Emiraten zuhauf.
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Klimawende in den Emiraten

Die Emirate meinen es ernst mit der Klimawende, sagte am Donnerstag Experte Richard Thomson vom Portal Middle East Business Intelligence (Meed) im Rahmen der "Austria Connect Gulf 2021"-Konferenz, für die Schramböck angereist war und die wirtschaftliche Kontakte zwischen österreichischen Betrieben und Akteuren vor Ort ermöglichen sollte. Die nächsten beiden Weltklimakonferenzen finden im arabischen Raum statt, nächstes Jahr in Ägypten und 2023 in den Emiraten. Die Region wolle, sagt Thomson, nicht mehr der Öllieferant der Welt sein, sondern beim grünen Wandel der Weltwirtschaft an vorderster Front dabei sein. Dazu gehöre: Die Wirtschaft diversifizieren und Investitionen in Forschung und Entwicklung ins Land holen.

Die Wirtschaftsministerin sieht in der Dekarbonisierung der Golfregion eine große Chance für heimische Firmen. Nicht nur, weil die Emirate für Österreich ohnehin bereits einer der wichtigsten Märkte im Ausland sind. Von Dubai oder Abu Dhabi aus bearbeiten Unternehmen oft auch Märkte in Saudi-Arabien, Indien und Afrika.

VAE in heimischen Top Ten

VAE liegt auf der Liste der wichtigsten Destinationen für österreichische Direktinvestitionen auf Rang sieben. In Österreich gebe es viel Knowhow zu erneuerbaren Energien, erklärt Schramböck. Firmen könnten mit Klimaschutz in der Region viel Geld verdienen.

Was der Ministerin vorschwebt, ist eine strategische Partnerschaft, für die man früh den Grundstein legen müsse. Eine entsprechende Absichtserklärung für eine Wasserstoffallianz zwischen Österreich und den Emiraten haben Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und der Kronprinz von Abu Dhabi, Mohammed bin Zayed Al Nahyan, bei dessen Wien-Besuch im Juli bereits unterschrieben. Konkreteres gibt es noch nicht, und es wird auch nicht erwartet, dass die Partnerschaft bei dem aktuellen Staatsbesuch genauer ausbuchstabiert wird.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) sieht in den Emiraten große wirtschaftliche Chancen für Österreichs Betriebe.
Foto: APA/HANS PUNZ

Aussehen könnte sie etwa so: Österreich exportiert Lösungen etwa im Bereich erneuerbare Energien oder Ressourceneffizienz. Das könnten beispielsweise Lösungen im Bereich Photovoltaik sein, ob in der Wüste oder auf bereits verbauten Flächen. Die Emirate wiederum könnten dafür grünen Wasserstoff nach Österreich importieren. Grüner Wasserstoff bedeutet, dass er mit Einsatz erneuerbarer Energien gewonnen wird. Kommen fossile Energien zum Einsatz, spricht man von blauem Wasserstoff, wenn Atomenergie für Elektrolyse zum Einsatz kommt, von rosa Wasserstoff. Damit VAE grünen Wasserstoff herstellen kann, braucht es zunächst einen massiven Ausbau der Erneuerbaren in der Region.

Dass die Emirate bei der Dekarbonisierung auch auf Atomkraft setzen wollen, sei ihr gutes Recht, sagt Schramböck. Sie selbst sei aber gegen Atomkraft als Lösung in der Energiewende. Auch wenn diese emissionsarm ist, sei sie alles andere als nachhaltig. Die Emirate planen gemeinsam mit einer südkoreanischen Gesellschaft einen riesigen Reaktor, einer der Reaktorblöcke ist seit wenigen Monaten bereits in Betrieb.

Österreichs Pavillon auf der Expo in Dubai.
Foto: Wojciech Czaja

Mehr als Öl

Die Vereinigten Arabischen Emirate, eine seit 50 Jahren bestehende Föderation aus sieben Emiraten, sind freilich längst mehr als bloß Ölexporteur. Dubai ist ein wichtiges Handelsdrehkreuz, es gibt Sportveranstaltungen, Messen – wie derzeit die Expo –, Museen und entsprechend viel Tourismus. Große Airlines haben in der Golfregion ihre Zentralen. Aber dennoch zeigt ein Blick in die Statistik, wie sehr die Volkswirtschaft der zusammengeschlossenen Emirate vom Rohstoff Öl abhängt: In Jahren mit durchschnittlich hohem Ölpreis ist das Wirtschaftswachstum entsprechend höher als in Jahren mit niedrigeren Preisen.

Seit die USA den Markt 2015 mit Öl geflutet und die Preise in den Keller getrieben haben, gerieten die öffentlichen Finanzen unter Druck. Staatsausgaben wurden heruntergefahren, Reformen umgesetzt, private Investitionen ins Land geholt. Seit die Außenpolitik der USA den pazifischen Raum ins Zentrum der Aufmerksam gerückt hat, näherten sich die Emirate außerdem Staaten wie Israel oder China an. Das hat Branchen wie etwa Cybersecurity in der Region gestärkt, wie Experte Thomson erklärte.

Am Donnerstagabend wird es in Dubai wieder ein bisschen kühler, in der Nacht sinkt die Temperatur auf knapp mehr als 20 Grad. Die Kühlanlagen laufen weiter. (Aloysius Widmann aus Dubai, 20.11.2021)