Dass in der FPÖ ein Wurm steckt, der bisher jedem Ansatz zu einer rationalen Entwurmung standgehalten hat, ist seit ihrer Gründung bekannt. Die Therapie, die ihr Obmann zuletzt öffentlichkeitswirksam nicht nur im Selbstversuch praktiziert, sondern auch rechten Selbstquälern weiterempfiehlt, hat ihre Wirkungslosigkeit über engere Parteikreise hinaus bestätigt. Dennoch hört Herbert Kickl nicht auf, als böser Geist Lumpazimoribundus unter Berufung auf das Recht der freien Meinung die Öffentlichkeit zu terrorisieren. Er erlaubt uns damit, der gegenwärtigen Krise einen Sinn abzuringen, indem wir daraus lernen: Der Unterschied zwischen freier Meinungsäußerung und freiheitlicher Meinungsäußerung ist der Unterschied zwischen einem unverzichtbaren Gut und einem strafwürdigen Delikt.

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Alt-Bundeskanzler Sebastian Kurz versucht weiterhin die Fäden zu ziehen.
Foto: AP Photo/Lisa Leutner

Wie viele der Ungeimpften aus seiner braunen Rasselbande (obergerichtlich zugelassene Charakterisierung) derzeit und demnächst Nicht-Corona-Patienten dringend benötigte Spitalsbetten wegnehmen, weil sie seinem Rat zur Entwurmung in Frischluft gefolgt sind, sollte man einmal statistisch erheben, um das Ausmaß, in dem er mit seinem Wahn Landsleute, das Gesundheitssystem und die Gesellschaft schädigt, festzuschreiben.

Mag sein politisches Treiben nicht unmittelbar juristisch fassbar sein, kann es über den Schaden, den er mit der Spekulation auf Stimmen aus dem türkisen Sumpf anrichtet, keinen Zweifel geben. Ein Ruf nach der Polizei scheint wenigstens dann nicht unverhältnismäßig, wenn seine Getreuen im Ungeist der Entwurmung bewusst vor Spitälern aufmarschieren, um deren schwer geplagtes Personal unter Berufung auf das Recht der freien Meinungsäußerung zu verhöhnen. Zu allem, was man Ärzten und Pflegern sonst noch vorenthält, sollten sie solchem Ungeist nicht ungeschützt ausgesetzt sein.

Selbstdarstellung

Überließe man ihnen und den Wissenschaftern den Kampf gegen die Pandemie, wären wir in einer besseren Situation. Es ist fast überall die Politik, die in ihrer Zerstrittenheit alles verschlimmert, und die ist kein Zufall. Was die Koalitionäre zusammenhält, ist die Maxime, dass sie einander nichts abgewinnen können. Verständlich, wenn der Gesundheitsminister vor allem die Bekämpfung der Seuche im Kopf und der Bundeskanzler vor allem die Rückkehr seines Vorgängers im Hinterkopf hat.

Mit einer Corona-Politik, die von Anfang an in erster Linie seiner Selbstdarstellung dienen sollte, hat Sebastian Kurz den Grundstein zur gegenwärtigen Krise gelegt. Es gehört ein erstaunliches Maß an Unverfrorenheit dazu, jetzt nach außen so zu tun, als hätte er mit all dem nichts zu tun. Statt seiner Partei das Leben zu erleichtern und sich aus der Politik zu verabschieden, geistert er auf der Suche nach dem verlorenen Job durch die Gegend und versucht, weiterhin die Fäden im selben intriganten Sinn zu ziehen wie zuvor. Mehr hat er nicht gelernt, aber es wird nicht reichen. Und es wird auch nicht helfen, wenn ein Universätsprofessor seine akademische Würde mit einem Reinwaschungsgutachten auf Universitätspapier aufzupolieren hofft. Da kann man nur sagen: Gaudeamus igitur! Und vivant professores, die der Jurisprudenz türkisen Glanz verleihen. Wäre nur noch zu klären, wer das Nebenerwerbsgutachten in Auftrag gegeben hat, oder ob es eine Fleißaufgabe war. (Günter Traxler, 19.11.2021)