Floris Tegetthoff leitet den Das-Möbel-Shop in der Wiener Gumpendorfer Straße und beschäftigt sich dort tagtäglich mit schönen Designprodukten. In seiner Wohnung sehnt er sich aber doch nach Flohmarktstücken.

"Wir haben die Wohnung im Immo-Standard gefunden und sofort einen Besichtigungstermin vereinbart. 77 Quadratmeter im siebten Bezirk, ein wirklich charmanter Grundriss mit eigenartigen Proportionen und komischen Türen- und Fensterdetails, alles leicht asymmetrisch. Als wir dann bei der Besichtigung plötzlich in diesem kleinen Kabinett drinstanden, war sofort klar: Das muss das Esszimmer werden! Und so kam die Idee auf, die radikale Proportion zu nutzen und gleich eine Art Heurigentisch hineinzustellen. Der Tisch ist nicht mal 80 Zentimeter breit, dafür aber mehr als drei Meter lang.

Floris Tegetthoff und Freundin Laura Romig im pompejanisch-dunkelroten Esszimmer.
Foto: Lisi Specht

Natürlich gibt es solche Tische nirgends zu kaufen – weder in einem normalen Möbelhaus noch im Fachhandel, und auch bei uns im Das-Möbel-Sortiment war nichts Passendes zu finden.

Doch wir hatten Glück: Ein Nachbar von uns in der Südsteiermark ist Bauer, der hatte eine alte Stalltür, die er nicht mehr brauchte. Ein paar Schnitte und viele Reinigungsstunden später war die Tischplatte fertig. Als Tischbeine haben wir ganz normale industrielle Hairpins, die wir von unten angeschraubt haben – das war’s. Der Tisch ist recht schmal, man ist sich immer nah. Abendessensgelage in großen Gruppen zu zehnt oder zwölft – einmal sind hier sogar schon mal 15 Leute gesessen – machen richtig Spaß. Wird bald wieder möglich sein.

Was die Wandfarbe betrifft: Das war unser Corona-Projekt, denn bis vor einem Jahr war der Raum noch weiß. Wir haben uns überlegt, ob wir ihn blau streichen sollen oder doch nicht, am Ende ist es dann dieses pompejanische Dunkelrot geworden. Gerade in so einem schmalen Raum wirkt das warm und voll gemütlich.

"Geringe Qualität zu Wucherpreisen – darauf bin ich allergisch", sagt Floris Tegetthoff.
Fotos: Lisi Specht

Die Körbe an den Wänden kommen aus Marokko und Uganda, geschenkt bekommen und zusammengesammelt von verschiedenen Reisen. Die Kerzenständer haben wir aus Sri Lanka mitgenommen, und die Thonet-Sessel haben wir irgendwann einmal in einem völlig desolaten Zustand auf dem Dachboden eines alten Schlosses gefunden.

Ich betreibe einen Möbelladen mit wirklich sehr schönen, hochwertigen Produkten. Ich liebe unser Sortiment. Und so manches Stück aus unserem eigenen Shop steht auch bei uns in der Wohnung herum. Aber wenn man sich beruflich so intensiv mit Designobjekten und hochwertigen Möbelstücken beschäftigt, dann braucht man privat einen Tapetenwechsel, dann wird der Flohmarkt auf der persönlichen Beliebtheitsskala noch beliebter, als er eh schon immer war. Meine Freundin Laura ist wirklich sehr, sehr froh darüber, dass die Wohnung jetzt nicht ausschaut wie ein DasMöbel-Schauraum.

Aber einen Fluch hat das Ganze schon: Je mehr man sich beruflich mit Schönheit und materieller und handwerklicher Qualität beschäftigt, desto kritischer wird man auch als Privatperson. Man schaut die Dinge anders an, man nimmt sie anders in die Hand, man freut sich mehr über hochwertige Kleinigkeiten, ist aber auch zunehmend entsetzter, wie viel Schrott für wie viel Geld in manchen Geschäften verkauft wird. Geringe Qualität und geringer Preis – das ist voll okay, das finde ich fair und absolut legitim. Aber geringe Qualität und zu Wucherpreisen – darauf bin ich echt allergisch.

Zu den Lieblingsstücken von ihm und seiner Freundin Laura zählen die Lampen und Bilder sowie "Krimskrams, den eigentlich eh keiner braucht".
Fotos: Lisi Specht

Unsere Lieblingsstücke, die wir so richtig liebgewonnen haben, sind eigentlich die Lampen und Bilder. Es sind die vielen Kleinigkeiten, die Salz- und Pfefferstreuer, die Türstopper, der ganze unnötige Krimskrams, den eigentlich eh keiner braucht, die einem nach und nach ans Herz wachsen. Und auch der siebte Bezirk ist uns nach all den Jahren so richtig ans Herz gewachsen.

Was ist Wohnen? Was ist Zuhausesein? In diesem Fall ist es zu einem großen Teil auch das Grätzel rundherum – mit seinem Flair, seinen Lokalen, seinen Geschäften. Andererseits gibt es aber auch ein leichtes Kribbeln im Bauch nach Grün und Natur. Ich bin auf dem Land aufgewachsen, habe meine Jugend im Freien verbracht, hatte bis zu meinem 16. Lebensjahr keinen Fernseher. Meine Freundin und ich verhandeln gerade über die Zukunft. Spannende Diskussion!" (22.11.2021)