Seit den ersten Lockdowns wurde um die Frage gerungen, ob Unternehmer, die von Lockdowns betroffen sind, Mieten zahlen müssen.

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Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu Mietzahlungen im Lockdown dürfte für einiges an Unruhe am österreichischen Immobilienmarkt sorgen – vor allem bei Immobilieneigentümern und Vermietern, aber wohl auch bei Mietern. Im Kern der Causa steht die Frage, ob die Finanzierungsagentur Cofag, mit der Corona-Hilfen an Unternehmen ausbezahlt worden sind, nicht Rückforderungsansprüche an tausende Mieter stellen müsste, und zwar wegen zu Unrecht ausbezahlter Hilfen in Millionenhöhe. Juristen sind der Ansicht: Ja, die Cofag müsste sich das Geld der Steuerzahler zurückholen.

Seit den ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 wurde um die Frage gerungen, ob Unternehmer, die von Lockdowns betroffen sind, Mieten zahlen müssen. Eine explizite Regelung für die Pandemie hat es nicht gegeben, weshalb auf die allgemeinen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) zurückgegriffen werden musste.

Viele Verfahren

Um die Auslegung der Regeln gab es allerdings eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten. Bis zu 400 Klagen sollen am Höhepunkt eingereicht gewesen sein, erzählen Rechtsanwälte. Wie am Mittwoch bekannt wurde, hat nun der Oberste Gerichtshof (OGH) die Sache ein für alle Mal entschieden. Mieter, die ihr Objekt aufgrund von "außerordentlichen Zufällen" wie einer "Seuche" gar nicht nutzen konnten, müssen keine Miete bezahlen. Das gilt auch im Fall von Betretungsverboten wegen Covid-19, entschied der OGH im Streitfall rund um ein Sonnenstudio.

Hier kommen die Corona-Hilfen ins Spiel. Als Teil der Notmaßnahmen konnten Unternehmen den Fixkostenzuschuss beantragen. Diesen gab es in zwei Versionen. Im Kern ging es dabei darum, dass Unternehmen für anfallende Kosten wie Mieten staatliche Beihilfen von der Cofag bekommen konnten. Obwohl die Rechtslage unklar war, haben viele Mieter erst mal weiter an ihre Immobilieneigentümer bezahlt. In anderen Fällen wurde ein reduzierter Betrag für Geschäftslokale vereinbart.

Die Mieter konnten sich in der Folge an die Cofag wenden und für diese Zahlungen den Fixkostenzuschuss beantragen.

Nach dem Urteil des Höchstgerichtes müsste die Cofag nun "sagen, dass die Grundlage für die Auszahlung der Mietbeihilfen weggefallen ist", sagt Paul Kessler, Rechtsanwalt von der Kanzlei SKPR. In weiter Folge müsste die Cofag die Mieter anschreiben und die geleisteten Beträge zurückverlangen, sagt der Jurist. Tatsächlich findet sich bei den Richtlinien für den Fixkostenzuschuss eine Bestimmung, dass die staatliche Agentur Gelder zurückverlangen muss, wenn es keinen Grund für die Zahlung gab.

Wer den Schaden hat ...

Die Regelungen sehen außerdem vor, dass Beihilfeempfänger eine Schadensminderungspflicht trifft. Sprich: Die Mieter wären angehalten, ihrerseits von den Vermietern bezahlte Mieten zurückzuverlangen, sagt Anwalt Kessler.

Ähnlich sieht es auch Birgit Kraml von der Kanzlei Wolf Theiss. Wenn Mieter nicht an die Cofag rückzahlen, etwa weil sie fürchten, das Geld nicht vom Vermieter retour zu erhalten, könnte die Cofag den Betrag bei den Mietern sogar einklagen, so Kraml. Die Cofag hat vielen Unternehmen Mietbeihilfen ausbezahlt, diese aber wegen der Rechtsunsicherheit aufgefordert, Zahlungen an Vermieter unter Vorbehalt zu leisten. Das bedeutet, dass der Rechtsgrund der Zahlung, die Mietschuld, im Prinzip nicht anerkannt wird. Wer das tat, dürfte gute Karten bei einem etwaigen Rechtsstreit mit Vermietern in der Hand halten.

Was sagt die Cofag? Vorerst nichts: Dort prüft man den Fall. Nicht nur tausende Mieter und Vermieter sind tangiert. Es geht auch um viel Geld. Im Rahmen des Fixkostenzuschusses I wurden 1,29 Milliarden Euro ausbezahlt. Beim Fixkostenzuschuss II waren es 786 Millionen.

In Mietfragen gibt es auch einige prominente Streitfälle: Die Familie Querfeld wird wegen nicht bezahlter Mieten für das Café Landtmann vom Hauseigentümer, der Wlaschek-Stiftung, geklagt. Geklärt sind auch noch nicht alle Streitpunkte von dem Höchstgericht. Oft war die Benützung von Mietobjekten selbst im Lockdown zumindest teilweise möglich, Stichwort Take-away. (András Szigetvari, 19.11.2021)