Spätestens im Februar kommt eine allgemeine Impfpflicht in Österreich.

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Nach monatelangen, zum Teil extrem heftigen Diskussionen, nach Sagern von Politikern, die genau das ausgeschlossen hatten, und nach tausenden Corona-Todesfällen kommt sie nun tatsächlich: die allgemeine Impfpflicht – und zwar, so wurde am Freitag bei einer Pressekonferenz bekanntgegeben, ab spätestens 1. Februar 2022. Wie kann eine solche aussehen?

Viel war es noch nicht, was die Regierung dazu bekanntgab, man sei noch mitten in der Erarbeitung mit Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft, hieß es. Klargestellt wurde aber: Man habe mit Verfassungsrechtlern geklärt, dass eine solche legitim ist – die betonen dass übrigens seit Monaten. Laut Schallenberg werde man sich an der Impfpflicht für Gesundheitsberufe orientieren, eine solche soll ja schon Ende Dezember in Kraft treten. Betont wurde außerdem, dass es Ausnahmen für jene Personen geben werde, die sich nicht impfen lassen können.

Ausnahmen für Schwangere

Laut einem Entwurf zur Impfpflicht in Gesundheitsberufen, der dem STANDARD vorliegt, gelten Ausnahmen etwa für Schwangere und Personen, die ohne Gefahr für Leben oder Gesundheit nicht geimpft werden können, "sofern dieser Gefahr auch nicht durch die Wahl des Impfstoffs begegnet werden kann". Das ist durch eine amtsärztliche Bestätigung nachzuweisen. Was genesene Personen angeht, so ist in einer Verordnung festzulegen, wie lange diese von der Impfpflicht befreit sind. Ganz klar ausgeschlossen wird in dem Entwurf auch, dass eine Impfung mit Zwang durchgesetzt wird. All das soll festgeschrieben werden in einem Bundesgesetz über Schutzimpfungen gegen SARS-CoV-2.

Offen ist, ab welchem Alter die Impfpflicht gelten wird – immerhin können Kinder zwar geimpft werden, allerdings nur off-label. Medizinjuristin Maria Kletečka-Pulker meint im Gespräch mit dem STANDARD dazu, es sei sinnvoll, sich bei dieser Regelung an die Zulassung der Impfstoffe zu halten. Eine solche wird in absehbarer Zeit auch für Kinder erwartet. Offen ist auch, ob die neue Regel nur für Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft gelten wird oder für alle, die sich in Österreich aufhalten – Letzteres würde dann auch den Tourismus betreffen.

Klar ist, dass die Impfpflicht nur so lange gelten kann, solange sie notwendig ist – alles andere wäre unverhältnismäßig. "Das geht nur, solange die Impfung evidenzbasiert die beste Lösung ist. Wenn das wegfällt, muss die Impfpflicht fallen", sagt Kletečka-Pulker.

Bei Verstoß Verwaltungsstrafe

Klargestellt wurde von Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP), dass ein Verstoß gegen die Impfpflicht eine Verwaltungsübertretung sein werde. Was die Gesundheitsberufe angeht, so liegt im Entwurf dazu die Höhe bei bis zu 3.600 Euro oder vier Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, wer sich eine Auffrischungsimpfung nicht holt, muss bis zu 1.450 Euro zahlen, auch hier liegt die Ersatzfreiheitsstrafe bei bis zu vier Wochen.

Um herauszufinden, wer gegen eine etwaige Impfpflicht verstößt, müssen die Behörden aber erst einmal wissen, wer noch nicht geimpft ist. Dass das eine administrative Mammutaufgabe ist, ist klar. Laut dem Gesetzesentwurf zur Impfpflicht für Gesundheitspersonal soll dafür auf das zentrale Impfregister zugegriffen werden. Klargestellt wird aber auch: "Eine Verarbeitung der Daten zu anderen Zwecken ist nicht zulässig."

Brief oder Zufallsfunde

Grundsätzlich gibt es mehrere Möglichkeiten, wie eine allgemeine Impfpflicht durchgesetzt werden kann. Eine davon erläuterte kürzlich Verwaltungsjurist Peter Bußjäger im STANDARD: Man könnte allen ungeimpften einen Brief schreiben, in dem eine Frist gesetzt wird, wie lange sie straffrei Zeit haben, sich impfen zu lassen. Alternativ könnte man auf diese Bevölkerungsgruppe auch kommen, indem man Geimpfte registriert und dann schaut, wer noch fehlt. Bußjäger argumentiert ein derartiges Vorgehen damit, dass man ansonsten auf Zufallsfunde der Polizei angewiesen wäre.

Das ist die zweite Möglichkeit: Stichprobenkontrollen der Polizei. Laut Kletečka-Pulker könnte diese, so wie momentan im Lockdown für Ungeimpfte, stichprobenartig überprüfen, wer geimpft ist und wer nicht – wer keine Impfung hat, zahlt eine Verwaltungsstrafe. "Dann müsste man allerdings festlegen, dass das kein Dauerdelikt ist, also dass man, wenn man noch einmal erwischt wird, eine höhere Strafe zahlt". Bei mehrmaligem Verstoß sei auch denkbar, dass dann das Strafrecht greift, konkret der Paragraf der Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten.

Eine andere Möglichkeit wäre laut Kletečka-Pulker, dass man die Arbeitgeber zur Verantwortung zieht: "Man könnte festlegen, dass ein Arbeitgeber ungeimpfte Personen nicht anstellen darf und dieser dann eine Verwaltungsstrafe zahlt, wenn er Ungeimpfte beschäftigt."

Dass die Regierung ein Impfpflichtgesetz bis Februar durchbringt, hält Kletečka-Pulker für realistisch – nötig wären eine einfache Mehrheit im Parlament und die Zustimmung des Hauptausschusses. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) betonte bei der Pressekonferenz, dass man eine ausreichende Begutachtungsfirst plane. (Gabriele Scherndl, 19.11.2021)