Die Schulen schließen. Sie bleiben offen. Oder doch nur halb. Nach zähem Tauziehen wurde für die Schulen im Lockdown ein Kompromiss gewählt: Es gibt Unterricht in den Klassen, aber Schüler müssen nicht hingehen. Bundeskanzler Alexander Schallenberg appelliert vielmehr an Eltern, ihre Kinder zu Hause zu lassen, wenn sie es können. Das Chaos für die Lehrer ist programmiert, und die moralische Verantwortung wird auf die Eltern abgeladen, ohne sie zu unterstützen.

Für Schulen wurde im Lockdown ein Kompromiss gewählt: Es gibt Unterricht in den Klassen, aber Schüler müssen nicht hingehen.
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Das verschärft erneut die soziale Ungleichheit und zementiert tradierte Rollenbilder ein. Homeschooling ist für alle Kinder eine Zumutung. Vor allem für jene, die zu Hause keinen ruhigen Raum, keinen höhenverstellbaren Schreibtisch und keine Akademikereltern mit viel Freizeit haben. Ohne verpflichtendes Distance-Learning kann nicht garantiert werden, dass die Kinder diese sogenannten Lernpakete überhaupt machen und mit dem Schulstoff mitkommen. Bildungsrückstände und die Kluft zwischen den Schülern werden vergrößert. Das haben auch die letzten Lockdowns gezeigt. Immer noch übernehmen die Betreuung der Kinder mehrheitlich Frauen. Sie sollen nun schauen, wie sie Arbeit, Haushalt und Kinderbetreuung unter einen Hut bringen.

Die Politik hat es nicht geschafft, die Schulen Corona-sicher zu machen. Die PCR-Test-Ergebnisse kommen zu spät, das Contact-Tracing in den Schulen wurde teils schon vor Wochen aufgegeben, und Luftfilter sucht man in den meisten Klassen vergebens. Die nunmehr schwammige Lösung verunsichert Eltern, macht arbeitenden Müttern ein schlechtes Gewissen und impliziert, wer seine Kinder in die Schule schickt, gefährdet sie. Weil die Schulen grundsätzlich offen bleiben, gibt es auch keinen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit. Den haben Eltern nur, wenn die Schule aufgrund behördlicher Maßnahmen ganz oder teilweise geschlossen ist oder die Kinder behördlich unter Quarantäne gestellt wurden.

Zu allem Überfluss sprach der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer in der ZiB 2 kritisch über Eltern, die ihre Kinder nicht zu Hause betreuen wollen. Als hätten Alleinerziehende eine Wahl. Damit bedient er das Bild der Rabenmutter. Aufwachen! Die Realität ist eine andere: Viele Eltern können nach fast zwei Jahren Pandemie einfach nicht mehr. Manche wissen wegen des bevorstehenden Lockdowns nicht mehr, ob sie weinen oder einfach nur wütend sein sollen. Beides ist nachvollziehbar und verständlich, denn einmal mehr werden die Eltern alleingelassen. (Stefanie Ruep, 19.11.2021)