Fed-Chef Jerome Powell wurde von Ex-Präsident Donald Trump nominiert. Ihr Verhältnis war aber nicht friktionsfrei.

Foto: EPA

Wer soll in den USA die extrem hohe Inflation von zuletzt 6,2 Prozent wieder bändigen? Präsident Joe Biden steht vor einer richtungsweisenden wirtschaftspolitischen Entscheidung, denn die Amtszeit von Jerome Powell, Chef der Notenbank Fed, läuft im Februar aus. Es ist aber keineswegs sicher, dass der Demokrat Biden den den Republikanern zugerechneten Fed-Chef für eine zweite Amtszeit nominieren wird. Obwohl ihm eine gute Performance an der Spitze der Notenbank attestiert wird, ist Powell innerhalb der Regierungspartei umstritten.

Zumal die Entscheidung zu einer heiklen Zeit kommt. Die Amerikaner sind laut Umfragen mehrheitlich mit Bidens Wirtschaftspolitik unzufrieden, sie geben der Regierung eine Mitschuld an den stark steigenden Verbraucherpreisen. Autos und Mieten sind davon genauso betroffen wie viele Alltagsprodukte, darunter Fleisch, Eier und Benzin. Bei hohen Lohnzuwächsen droht eine Preisspirale.

Erwartet wird, dass Biden in der nächsten Woche über den Chefposten der Notenbank entscheiden wird. Nachdem Powell bereits wegen der hohen Teuerung den Ausstieg aus den Corona-Hilfen in Form von monatlichen Wertpapierkäufen eingeleitet hat, steht im nächsten Jahr wohl auch die Abkehr von der Nullzinspolitik an. Im Mittel erwarten Volkswirte für Ende 2022 einen ersten Schritt nach oben.

Heikles Bremsmanöver

Wer auch immer diesen Zinsschritt an der Spitze der Fed wagen wird, es handelt sich um ein heikles Manöver. Verschrieben ist die Notenbank dem US-Jobmarkt, der sehr gut läuft, sowie der Preisstabilität. Darunter versteht die Fed eine Inflation von bloß zwei Prozent, der aktuelle Wert liegt aber mit mehr als sechs Prozent meilenweit darüber. Tritt die Notenbank zu spät auf die geldpolitische Bremse, könnte die Inflation aus dem Ruder laufen. Agiert sie zu früh oder zu stark, droht dies die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise abzuwürgen.

Im Amt ist der heute 68-jährige Powell, Jurist und früherer Investmentbanker, seit 2018. Nominiert wurde er von Bidens republikanischem Vorgänger Donald Trump – doch bald zeigte sich ein tiefer Riss zwischen beiden. Weger der Zinspolitik kamen sich beide immer wieder in die Haare. Trump, der sich mantraartig über das aus seiner Sicht zu hohe Zinsniveau beschwert hatte, bezeichnete Powell mitunter sogar als "ahnungslos". Erst als die Zinsen wieder gesenkt wurden und mit Ausbruch der Corona-Krise auf null gesetzt wurden, glätteten sich die Wogen zwischen beiden wieder.

Mehr Vielfältigkeit

Was gegen Powell spricht: Er würde als weißer Mann nicht der Zielsetzung Bidens entsprechen, dass die Institutionen der USA auch die Vielfältigkeit des Landes reflektieren. Das bedeutet, dass mehr Frauen und Angehörige von Minderheiten an Spitzenposten gelangen sollen. Eine Alternative an der Spitze der Notenbank wäre die 59-jährige Ökonomin Lael Brainard, die seit 2014 dem Zentralbankrat angehört. An den Finanzmärkten würde sie daher, ebenso wie Powell, für Kontinuität stehen.

Brainard wäre nicht die erste Frau an der Spitze der Fed, denn die heutige Finanzministerin Janet Yellen war Powells Vorgängerin – sie sprach sich bereits für eine zweite Amtszeit ihres Nachfolgers aus. Er selbst wäre auch nicht der erste Fed-Chef, der unter Präsidenten beider Parteien dient. Während Alan Greenspan von 1987 bis 2006 oberster Währungshüter war, gab es vier US-Präsidenten, drei republikanische und einen demokratischen. (Alexander Hahn, 21.11.2021)