Klar können Sie zeichnen. Jeder und jedem gelingt ein Auto in wenigen Strichen mit einem Druck-Blei, oder? Na bitte, dann gelingt die Darstellung des "Glacier Silver Metallic"-farbenen Volvo XC40 auch. Der erste Strich auf weißem Papier, gesetzt mit einem Kaweco Sketch Up 5.6 ist entscheidend, wir starten mit dem Hinterteil.

Stylish und kompakt – am Auftritt von Volvos erstem Elektromobil gibt es kaum was zu bekritteln.
Foto: Andreas Riedmann

Ausgangspunkt ist das Dach, wir setzen den Strich kräftig einmal die Länge des Daches nach rechts, heben den Blei an, ziehen zart zurück zum Ausgangspunkt, setzen wieder an und ziehen kräftig nach unten, weiter nach links, das herausragende Rücklicht wird umkurvt, passt. Weiter nach unten gezogen, ist das Hinterteil definiert, nun nach rechts – hier präsentiert sich das Hinterrad mit seinen Doppelspeichen im Sport-Design, Ausführung Diamantschnitt Hochglanzschwarz, die zweite Herausforderung quasi.

Foto: Andreas Riedmann

Ein runder Strich markiert die Karosserie, setzt dem Hinterrad ein Dach auf, ein satt gezogener Strich für den optischen Unterfahrschutz in Hochglanzschwarz nach vorne, da taucht das nächste Rad auf. Schnell gezeichnet, der Blick geht leicht nach links oben, hier thront der Außenspiegel, dunkelst gefärbt. Im richtigen Winkel angeschaut, hat er die Form und Gestalt eines Raben, der sich an der Seitenfensterzierleiste – im vertrauten Hochglanzschwarz – festkrallt. Wollen Sie ihn zeichnen? Nur zu, die Freiheit nehmen Sie sich jetzt einfach.

Letzte Striche, überprüft, angenommen

Wir müssen weiter nach vorne, leicht nach unten, ein zarter abfallender Strich, nicht zu lang, der Frontspoiler ist gesetzt. Wir gelangen zum Vorderlicht. Darunter, in seiner Form ähnlich, sitzt quasi kopiert und gespiegelt nach unten der integrierte LED-Nebelscheinwerfer.

Wir treten jetzt einmal zurück, wie man das so macht, wenn man zeichnet, Sie wissen das. Gehen wieder nah ran. Liegt man richtig in Strich und Form? Passen die Dimensionen? Drängen sich Assoziationen auf? Hat man getrickst, irgendwo gemogelt? Hat die Euphorie Sie in die falsche Richtung geführt? Haben Sie den Boden der Wahrheit verlassen, nur um etwas zu kaschieren?

Grafik: Der Standard
Foto: Andreas Riedmann

Kann das Gezeichnete stimmen? Bedenken Sie, dass innen noch einiges Platz finden muss. Der ausklappbare (Taschen-)Haken am Handschuhfach nimmt vielleicht wenig Platz ein und weg, ebenso der Parktickethalter, da haben Sie recht. Der Sport-Ausführung in Gestalt von Lederschalthebel, Lenkrad, Pedalen und Textilfußmatten sollte jedoch genügend Raum zum Bewundern gewidmet sein. Und der Stoff, aus dem Ihr Sitz gemacht ist? Dem elegant anthrazitschimmernden Nubuk-/Nappaleder in selbem Farbton wie der Teppich gebührt eine nicht zu knapp bemessene Bühne. Die die Mittelkonsole mit darüber thronendem Display ebenso für sich beansprucht. Letzte Striche, überprüft, angenommen.

Übrigens, warum wir die Zeit haben, um dieses schicke Gefährt zu zeichnen? Wir haben zu oft seine Leistung geprüft, hatten zudem die Reichweitenanzeige nicht im Auge und sind in letzter Not an eine schwach dimensionierte Ladestation gelangt, die uns Zeit verschaffte, sich der Pracht des Volvos zu nähern.

Unser Liebling ist gezeichnet. Wir treten wieder zurück, drehen die Zeichnung um 180 Grad, mustern sie. Drehen das Blatt gerade. Hübsch, ja, aber ist das jetzt der XC40? Oder ein Bär? (Armin Karner, 25.11.2021)