Das erste Foto des Schattens eines Schwarzen Lochs, das 2019 veröffentlicht wurde.
Foto: APA / AFP / European Southern Observatory

Im April 2019 stellte die internationale Forschungskollaboration Event Horizon Telescope das erste Foto eines Schwarzen Lochs vor – oder zumindest seinen Schatten vor dem Hintergrund jener Strahlung, die dem Schwerkraftmonster gerade noch entkommen konnte. Das Schwarze Loch vereint 6,5 Milliarden Sonnenmassen in sich und liegt im Zentrum der Riesengalaxie Messier 87 (M87) in 55 Millionen Lichtjahren Entfernung.

Von diesem Schwarzen Loch geht ein 6.000 Lichtjahre langer Plasmastrahl aus, dessen Teilchen sich beinahe mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegen; die Forscher sprechen von einem so genannten relativistischen Jet. Man vermutet, dass die gewaltige Energie für diesen Jet mit der Anziehungskraft des Schwarzen Lochs in Zusammenhang steht, doch wie genau ein solcher Jet entsteht und was ihn über diese riesige Entfernung hin stabilisiert, ist bisher noch nicht verstanden.

Detailliertes Modell

Grob beschreiben Astrophysiker das Phänomen folgendermaßen: Wenn ein Schwarzes Loch Materie anzieht, rotiert diese in einer Ebene um das Schwarze Loch in immer engeren Umlaufbahnen, bis sie letztlich hinter dem Ereignishorizon verschwindet. Aus dem Zentrum dieser spiralförmigen Akkretionsscheibe wird der Jet ausgestoßen. Um sich ein genaueres Bild davon zu machen, was sich dort abspielt, hat ein internationales Team um Alejandro Cruz-Osorio und Luciano Rezzolla von der Goethe-Universität Frankfurt diese Region mithilfe von Supercomputer-Berechnungen sehr detailreich modelliert.

Entlang der magnetischen Feldlinien werden die Teilchen so stark beschleunigt, dass sie aus der Galaxie M87 heraus einen Jet von 6.000 Lichtjahren Länge bilden.
Illustr.: Alejandro Cruz-Osorio

Dabei nutzten sie ausgefeilte dreidimensionale Simulationen, die pro Simulation die gewaltige Menge von einer Million CPU-Stunden verschlangen und gleichzeitig die Gleichungen von Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie, James Maxwells Gleichungen zum Elektromagnetismus und Leonhard Eulers Gleichungen zur Strömungsmechanik integrieren mussten.

Übereinstimmungen mit Beobachtungen

Das im Fachjournal "Nature Astronomy" veröffentlichte Ergebnis war ein Modell, bei dem die berechneten Werte für Temperaturen, Materiedichten und Magnetfeldern in hohem Maße mit den Werten übereinstimmten, die sich aus den astronomischen Beobachtungen ergeben. Auf dieser Basis gelang es den Wissenschaftern, die komplexe Strahlungsbewegung in der gekrümmten Raumzeit im innersten Bereich des Jets zu modellieren und in Bilder des Radiowellenspektrums zu übersetzen. Diese computermodellierten Bilder konnten sie nun mit den Beobachtungen vergleichen, die während der vergangenen drei Jahrzehnte mit zahlreichen Radioteleskopen und Satelliten gemacht wurden.

Das theoretisches Modell (links) und die astronomischen Beobachtungen (rechts) der Entstehungsregion des relativistischen Jets von M87 stimmen sehr gut überein.
Grafik: Alejandro Cruz-Osorio

"Unser theoretisches Modell der elektromagnetischen Emission und der Jet-Morphologie von M87 stimmt überraschend gut mit den astronomischen Beobachtungen des Jets überein, und zwar im infraroten, im optischen und im Röntgenspektrum.", sagte Cruz-Osorio. "Daraus folgern wir, dass das supermassive Schwarze Loch M87* wahrscheinlich stark rotiert und dass das Plasma im Jet stark magnetisiert ist, wodurch die Teilchen so stark beschleunigt werden, dass sie diesen Jet über Tausende von Lichtjahren bilden."

Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie

"Dass die von uns berechneten Bilder den astronomischen Beobachtungen so nahekommen, ist eine weitere wichtige Bestätigung dafür, dass Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie die genaueste und natürlichste Erklärung für die Existenz supermassereicher schwarzer Löcher im Zentrum von Galaxien ist", ergänzte Rezzolla. "Zwar lassen unsere Berechnungen immer noch Raum für alternative Erklärungsmodelle, doch durch die Ergebnisse unserer Arbeit wird dieser Raum deutlich kleiner." (red, 22.11.2021)