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Rodrigo Duterte tritt ab – zumindest aus der ersten Reihe.

Foto: Richard Madelo/Malacanang Presidential Photographers Division via AP

Eine Politik der Härte und der Angst wurde zum Markenzeichen Rodrigo Dutertes: Er werde mit der Kriminalität und den Drogen im Land aufräumen, hatte er im Mai 2016 angekündigt – kurz nachdem er zum Präsidenten der Philippinen gewählt worden war. Kommendes Jahr endet seine Präsidentschaft, die laut philippinischer Verfassung auf eine Amtszeit beschränkt ist.

Menschenrechtsorganisationen ziehen jetzt schon Bilanz: Rund 30.000 Personen sind laut ihnen im Zuge von Dutertes "Krieg gegen die Drogen" getötet worden. Meist bei Polizeirazzien oder durch Todesschwadronen. Die Opfer sind vorwiegend Bewohnerinnen und Bewohner der Armenviertel Manilas, weshalb lokale NGOs auch vom "Krieg gegen die Armen" sprechen.

Trotzdem beliebt

Während Duterte international dafür viel kritisiert wurde und der Internationale Strafgerichtshof mittlerweile Ermittlungen angekündigt hat, sind seine Zustimmungsraten in der philippinischen Bevölkerung hoch. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pulse Asia von 2020, der aktuellsten ihrer Art, sagten 90 Prozent von 1.200 Befragten, dass sie mit Dutertes Politik zufrieden seien. Ein Ergebnis, das davor kein anderes Staatsoberhaupt verzeichnen konnte.

Davon beflügelt, hatte Duterte angekündigt, bei den nächsten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Mai 2022 für das Amt des Vizepräsidenten zu kandidieren. Denn die Verfassung verbietet eine Wiederwahl des Präsidenten. Beide Ämter werden direkt und getrennt voneinander gewählt. Kritikerinnen und Kritiker befürchteten bereits, dass Duterte damit über die Hintertür die Macht behalten wollte.

Doch: Als die Kandidaturen Anfang Oktober offiziell bei der Wahlbehörde eingereicht wurden, verkündete Duterte, sich aus der Politik zurückzuziehen.

Zwei Familienclans

Damit bleiben mehrere Optionen für seine Nachfolge offen: Zum einen liegt seine Tochter Sara Duterte-Carpio im Umfragen voran. Derzeit ist sie Bürgermeisterin von Davao City, der zweitgrößten Stadt der Philippinen. Auch die derzeitige Vizepräsidentin Leni Robredo hat ihre Kandidatur für das höchste Amt im Staat erklärt, die gilt als Duterte-Gegnerin.

Außerdem kandidiert Ferdinand "Bongbong" Marcos, der Sohn des ehemaligen Diktators Ferdinand Marcos. 2016 hat die Marcos-Familie Dutertes Wahlkampagne unterstützt. Die beiden stehen sich politisch nahe.

Personen statt Programme: Auf den Philippinen stehen in Wahlkämpfen die kandidierenden Personen im Vordergrund, Parteiprogramme spielen selbst bei den Parlamentswahlen, die alle drei Jahre stattfinden, eine geringe Rolle.

Wahlversprechen drehen sich meist um ähnliche Themen, etwa die Bekämpfung von Korruption. Entscheidender aus Sicht der Wählerinnen und Wähler ist daher, welche Persönlichkeiten ins Rennen geschickt werden.

Wenig Parteiloyalität

Hintergrund: "Politikerinnen und Politiker sind nicht durch Mitgliedschaften an ihre Parteien gebunden", erklärt Chel Diokno, er ist Menschenrechtsanwalt und kandidiert 2022 für den Senat.

Diokno nennt ein Beispiel: "Als Duterte Präsident wurde, wechselten viele Abgeordnete zu seiner Partei. Wenn im Mai ein neuer Präsident gewählt wird, kann es sein, dass sie in dessen Lager wechseln."

Dennoch lassen sich einige politische Strömungen unterscheiden: einerseits die Duterte nahestehenden Parteien, die derzeit eine konservative Mehrheit im Parlament bilden. Auf der Seite der Opposition ist die Liberale Partei unter mehreren kleineren Parteien die wichtigste Kraft.

Um die Chancen bei der Präsidentschaftswahl zu erhöhen, hat sich die Opposition vorgenommen, eine gemeinsame Kandidatin oder einen gemeinsamen Kandidaten ins Rennen zu schicken.

Erfolgsfaktor Prominenz

Unabhängig davon haben weitere Personen ihr Antreten angekündigt, darunter der Boxer Manny Pacquiao, der ursprünglich aus Dutertes Partei kommt, sich nach internen Konflikten aber einer anderen Partei angeschlossen hat. Ein weiterer prominenter Kandidat, Isko Moreno, ist Bürgermeister von Manila und kommt aus dem progressiven Lager.

Pacquiao und Moreno unterscheiden sich von anderen Politikerinnen und Politikern darin, dass sie nicht aus der Elite stammen, sondern selbst Armut erlebt haben. Der Promifaktor und die Herkunft könnten ihre Chancen erhöhen. Auch Duterte hatte sich 2016 als Kandidat aus dem Volk präsentiert. Mit Erfolg.

Seinen Vorsatz sich aus der Politik zurückzuziehen, hat der international so kritisierte Präsident indes wieder zurückgenommen. Duterte wird 2022 stattdessen für einen Sitz im Senat kandidieren. (Marina Wetzlmaier, "Südwind-Magazin", November/Dezember 2021)