Grape-CEO Felix Häusler gründete bereits vor rund zehn Jahren: Damals wollte er noch Bloggern eine Möglichkeit zum Geldverdienen bieten.

Foto: Grape

Das Wiener Unternehmen Ubergrape GmbH, das mit dem Produkt Grape eine europäische Messenger-Alternative zu US-Lösungen wie Slack oder Microsoft Teams anbietet, musste diese Woche am Handelsgericht Wien die Insolvenz beantragen. Dies geht aus einem Eintrag beim KSV 1870 ebenso wie aus einem Blogeintrag von Grape-CEO Felix Häusler hervor. Häusler hält es jedoch für möglich, dass die Marke und das Produkt noch an anderer Stelle einen Platz finden.

Vom Exit zum Exodus

Im Jahr 2020 hatte das Start-up seinen Umsatz noch verdoppeln können, das Produkt wird von insgesamt 500.000 Menschen genutzt. Jedoch forderte die Covid-Krise an dieser Stelle ein untypisches Opfer, wie aus Häuslers Beitrag hervorgeht: Während der Einsatz von Remote-Work-Lösungen zwar allgemein stieg, veränderte sich der Markt zugleich extrem, konkret durch das starke Auftreten von Microsoft und anderen Mitbewerbern.

Das Team machte sich somit auf die Suche nach einem strategischen Exit – also einem Verkauf des Unternehmens, nach welchem dieses mit einem starken Eigentümer weitergeführt werden kann. Man wurde fündig, und mit dem anvisierten Deal hätten die Wiener ihr Team verdoppeln sowie neue Funktionen für das Produkt anbieten können.

Dann scheiterte der Deal jedoch an "bestimmten externen Faktoren", zu denen sich Häusler nicht öffentlich äußern kann. "Da der langfristige Fortbestand der Ubergrape GmbH unter den derzeitigen Umständen nicht mehr gewährleistet ist, waren wir dazu verpflichtet, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen", schreibt Häusler in seinem Blogbeitrag. "Wir sind alle äußerst unglücklich über diesen Ausgang, können aber nicht genauer auf die Situation eingehen."

Insolvenzverwalter entscheidet über Weiterführung

Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wird der Insolvenzverwalter entscheiden, ob und wie lange der Unternehmensbetrieb noch fortgeführt wird. "Bis zu diesem Zeitpunkt werden wir uns bemühen, den Betrieb unserer Software in Absprache mit dem Insolvenzverwalter aufrechtzuerhalten", schreibt Häusler. Im Rahmen dieses Verfahrens werde sich hoffentlich ein Unternehmen finden, das das Produkt und die 500.000 Nutzer weiter betreuen wolle.

In Kürze wird ein "Kunden-FAQ" aufgesetzt, in dem für Bestandskunden die wichtigsten Fragen rund um die Insolvenz beantwortet werden sollen. Bis zu diesem Zeitpunkt können Support-Anfragen per Mail an das Supportteam gerichtet werden.

Urgestein der Gründerszene

Mit Ubergrape verschwindet ein Urgestein der heimischen Gründerszene von der Bildfläche. Ursprünglich hatte Häusler das Unternehmen vor rund zehn Jahren gemeinsam mit seinem damaligen Co-Founder Leo Fasbender gegründet. Damals hieß das Unternehmen noch Newsgrape und verfolgte kein geringeres Ziel, als freien Bloggern eine Möglichkeit zur Finanzierung ihrer Arbeit zu schaffen. Doch Newsgrape selbst konnte sich nicht monetarisieren und wurde daher im Jahr 2013 heruntergefahren.

Mit Chatgrape entstand aus dem Medienprojekt aber sogleich eine neue Lösung, nämlich die besagte Kommunikationsplattform. Diese sorgte unter anderem für Aufmerksamkeit, als man im Jahr 2018 – also zum Inkrafttreten der DSGVO – eine Kriegserklärung an Whatsapp formulierte: Da Whatsapp in vielerlei Hinsicht nicht datenschutzkonform sei, wolle man stattdessen Grape als DSGVO-konforme Lösung positionieren, hieß es damals. Im Jahr 2017 gewann man unter anderem die Wiener Stadtwerke als Kunden. Ein Investment gab es etwa Anfang 2019 – genaue Zahlen wollte man damals nicht nennen, gegenüber dem Szenemedium "Brutkasten" war jedoch von einem höheren sechsstelligen Betrag die Rede.

"Mir tut es ausgesprochen leid, dass wir nach so langer harter Arbeit kein Happy End für Kunden, Gesellschafter und unsere zahlreichen Unterstützer schaffen konnten", schreibt Häusler abschließend in seinem Blogbeitrag. Er sei geschockt, dass das Unternehmen innerhalb so kurzer Zeit vom Exit zum Exodus gewechselt sei: "Aber so ist die Welt nun mal – unberechenbar, stetig im Wandel und manchmal unverständlich destruktiv. Ich werde mich in den nächsten Wochen um Klarheit und – sofern möglich – eine nachhaltige Lösung bemühen. Danke für euer Vertrauen." (Stefan Mey, 23.11.2021)