Die Novelle wurde am Freitag im Nationalrat beschlossen.

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Im Vorfeld wurde viel darüber gestritten, Interessen von Datenschützern wurden jenen der Forscherinnen und Forscher gegenübergestellt – und nun ist die Hürde genommen: Am vergangenen Freitag, während sich der Großteil des Landes den Kopf über Lockdown und Impfpflicht zerbrach, verabschiedete der Nationalrat eine Novelle des Bundesstatistikgesetzes und des Forschungsorganisationsgesetzes, mit der es Forschungseinrichtungen nun ermöglicht wird, per Fernzugriff für die Durchführung statistischer Analysen mit wissenschaftlicher Fragestellung einen Zugang zu statistischen Einzeldaten der Bundesanstalt Statistik Österreich sowie zu Daten der Verwaltungsregister von Behörden zu erhalten.

Zu diesem Zweck wird die Statistik Austria eine technische Plattform, das "Austrian Micro Data Center", errichten. Nach dem Beschluss des Parlaments sind noch einzelne formale Schritte nötig, generell steht die Regelung aber in der vorhandenen Form. Änderungen hat es nur in geringfügigem Ausmaß gegeben: so wurde etwa der Complexity Science Hub Vienna (CSH) in die Liste der wissenschaftlichen Einrichtungen aufgenommen, die zum Online-Zugriff auf das Austrian Micro Data Center berechtigt sind.

Datenschützer sind erbost

Zudem hatte die Abgeordnete Maria Theresia Niss (ÖVP) einen Abänderungsantrag der Koalitionsparteien eingebracht, der weitere Präzisierungen beim Datenschutz vorsieht, wie sie laut Parlamentskorrespondenz sagt: So werde festgehalten, dass Informationen aus dem Data Center keinesfalls extrahiert werden können.

Den Datenschutz-NGOs geht dies aber nicht weit genug. Sie bemängeln, dass ihre Kritik nicht aufgegriffen wurde und warnen vor einem erheblichen Missbrauchspotenzial. Denn das Problem sei, dass die Protokollpflichten beim Mikrodatencenter äußerst lückenhaft seien und die Statistik Austria wohl bestenfalls stichprobenartig kontrollieren werde, wie Thomas Lohninger, Geschäftsführer von Epicenter Works, sagt.

Die NGO kritisiert, dass es "keine Kontrolle und sinnvolle Transparenz" über zum Beispiel etwaige Auftraggeber aus der freien Wirtschaft zu diversen Forschungsprojekten gebe. Die Statistik Austria sei eine "Blackbox", die nach dieser Reform "mehr Daten hat als jedes Ministerium". "Dieser Datenberg wird Begehrlichkeiten wecken", heißt es seitens Epicenter Works.

Offener Zank um Öffnung der Daten

Zuvor hatten sich diverse Organisationen mit einem offenen Brief an die Regierung gewandt und gebeten, das geplante Gesetz aus den bereits erwähnten Gründen in dieser Form nicht zu beschließen.

Dem gegenüber waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gestanden, die sich ihrerseits in einem offenen Brief für die vorgelegte Gesetzesnovelle stark machten: Sie hatten Anfang November betont, dass die DSGVO eine Öffnungsklausel enthalte, wonach Individualdaten für Forschungszwecke zugänglich gemacht werden können. Die Kontrolle durch die Statistikbehörde garantiere zudem, dass nur Daten publiziert würden, die anonym seien.

SPÖ äußerte Bedenken

Rückendeckung bekamen die Datenschützer teilweise aus der Opposition. Am Freitag hieß es seitens Petra Oberrauner (SPÖ), dass man die Beforschung von Mikrodaten selbstverständlich befürworte – da es um sensible Daten gehe, müsse der Datenschutz aber besonders ernst genommen werden. Das vorliegende Gesetze weise jedoch weiterhin Lücken bei der Datensicherheit auf.

Christian Drobits (SPÖ) bekräftigte diese Kritik, wies auf diverse kritische Stellungnahmen zum Gesetz hin und griff die Bedenken der Datenschützer auf: Die lückenlose Protokollierung der Datenzugriffe sei nicht gesichert, betonte er, zudem fehle weiterhin eine objektive Kontrollinstanz für die Zugriffe. Die Kontrolle durch die Statistik Austria selbst sei zu wenig, seine Fraktion könne daher weiterhin nicht zustimmen.

Eva Blimlinger (Grüne) führte hingegen an, dass Österreich nun mit anderen Ländern gleichziehe, die solche Datenzentren bereits seit längerem besitzen. Blimlinger betonte, dass die von der SPÖ und den Datenschützern geforderte lückenlose Protokollierung durch das Gesetz selbstverständlich sichergestellt sei. Die Vereinbarkeit von Forschung und Datenschutz habe grundsätzlich zentrale Bedeutung, da mangelnder Datenschutz auch Zweifel an der Aussagekraft von Forschungsergebnissen aufwerfen würde. Auch Helmut Brandstätter (Neos) sieht mit den aktuellen Bestimmungen sichergestellt, dass dem Datenschutz ausreichend Rechnung getragen wird. (Stefan Mey, 23.11.2021)