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Der Zuzug vieler Kryptomining-Firmen könnte verstärkt für Probleme mit dem Stromnetz in Texas sorgen.

Foto: Reuters/Edgar Su

Günstige Strompreise und fehlende Regulierung haben China jahrelang zum Mekka der Kryptominer gemacht. Insbesondere das Schürfen von Bitcoin ist mittlerweile mit sehr hohem Rechenaufwand verbunden, der von gewöhnlichen PCs mit einzelnen Grafikkarten längst nicht mehr kosteneffizient zu bewerkstelligen ist.

Doch wie so oft hat sich die Führung des totalitär regierten Staates dazu entschieden, auch über diesen Bereich Kontrolle etablieren zu wollen. Während man einerseits den eigenen "E-Yuan" ehrgeizig vorantreibt, hat man das Mining von und Handeln mit Bitcoin und Co praktisch verboten. Das sorgt in Verbindung mit steigenden Strompreisen und mitunter regionalen Abschaltungen zur Netzentlastung für einen Exodus. Die Miner haben aber schon andere für ihre Operationen ansprechende Destinationen gefunden.

Eine davon ist der südliche US-Bundesstaat Texas, wo ebenfalls billige Energie auf wenig Regulierung trifft. Der massenhafte Zuzug der Miner, schreibt Gizmodo, könnte aber laut Experten fatale Folgen haben – Blackouts inklusive.

Stromnetz weiter anfällig

So lautet etwa Warnung von Ercot, jener Gesellschaft, die für den operativen Betrieb des Stromnetzes in Texas zuständig ist. Laut einem jüngst von ihr veröffentlichten Bericht ist das Netz für großflächige Ausfälle anfällig, selbst bei Wetterbedingungen, die weniger extrem sind, als die Kältewelle, die im vergangenen Februar viele Haushalte teils wochenlang von der Versorgung abschnitt.

Entgegen den Versprechungen des republikanischen Gouverneurs Greg Abbott ist die Energieinfrastruktur offenbar seit dem letzten Winter nicht nachhaltig aufgewertet worden. Der Gouverneur buhlt allerdings aktiv um die Gunst der Kryptogemeinde, für die die USA zur neuen Lieblingsdestination geworden sind, was einen Wettlauf zwischen verschiedenen Bundesstaaten und Metropolen entfacht hat. Laut Bloomberg wird damit gerechnet, dass die Verbrauchslast in Texas alleine durch das Mining in den kommenden Jahren um 5.000 Megawatt steigt. Das entspricht, gemessen an texanischen Verhältnissen, dem Output von etwa fünf großen Gaskraftwerken oder auch dem doppelten Jahresverbrauch der Stadt Austin mit fast einer Million Einwohner.

Abbott muss sich in einem Jahr seiner Wiederwahl stellen, voraussichtlich gegen den Demokraten Beto O’Rourke, der beim Senatsrennen 2018 beinahe überraschend Abbotts Parteikollegen Ted Cruz abgelöst hätte.

Nette Nachbarn – oder doch nicht

Die Miningoperationen könnten auch im texanischen Netz ohne Probleme betrieben werden, wenn sie dies nur zu Zeiten niedrigen Energieverbrauchs anderer Teilnehmer unter Volllast tun und man somit überschüssige Kapazitäten der Stromanbieter nutzt. Hinzu kommt, dass nicht alle Kraftwerke zu jeder Zeit in Betrieb sind.

Der Forscher Joshua Rhodes von der University of Texas arbeitet an einer Software, die es Minern ermöglicht, ihren Betrieb in Echtzeit gemäß den Anforderungen von Ercot zu skalieren, damit die Kapazitäten nicht überbeansprucht werden. Dafür gibt es auch potenziell finanziellen Anreiz, da der Strompreis flexibel ist und Energie zu Spitzenverbrauchszeiten wesentlich teurer als etwa mitten in der Nacht. Derzeit können sich die Miner aber aussuchen, ob sie dabei mitspielen und sich als "freundliche Nachbarn" geben oder nicht.

Datenwissenschafter Alex de Vries, der die auf Kryptowährungen spezialisierte Seite "Digiconomist" betreibt, ist allerdings skeptisch, ob der Strompreis als Anreiz ausreicht. Die Kryptofarmbetreiber werden sehr schwer davon zu überzeugen sein, auf 24/7-Betrieb zu verzichten, weil die von ihnen genutzte Hardware sehr schnell obsolet wird und die Profitabilität ihres Betriebs stetig sinkt. Jede Stunde, in der die Hardware nicht genutzt wird, ist eine verlorene Stunde auf einem Einkommensniveau, das man mit der bestehenden Ausstattung nie wieder erzielen kann. Selbst wenn man ihnen zusätzlich Geld zahlen würde, wäre ein Dauerbetrieb der Farmen wohl profitabler.

Dementsprechend plädiert er dafür, dass es eine Regulierung dafür gibt, wie viel Leistung die Mining-Operationen zu jeder Zeit beanspruchen können. Andernfalls drohten Blackouts. "Wenn es schiefgeht, ist es schon zu spät", warnt de Vries. "Sie gehen ein Risiko ein, das wortwörtlich Leben kosten könnte." (gpi, 24.11.2021)