Wer wird der nächste deutsche Bundeskanzler? Eindeutig: Olaf Scholz, auf den FDP-Chef Christian Lindner und Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock zeigen. Die beiden sollen der neuen Regierung ebenso angehören wie Robert Habeck (im Hintergrund).

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Wirklich fix ist derzeit nur eines: Als Nachfolger von Angela Merkel wird der Sozialdemokrat Olaf Scholz ins deutsche Kanzleramt einziehen. Seine Position ist konkurrenzlos. Passieren soll das, nach derzeitiger Planung, in der Nikolauswoche. Zuerst wird Scholz im Bundestag gewählt, dann bekommt er von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue die Ernennungsurkunde, danach geht es hinüber ins Kanzleramt zur symbolischen Schlüsselübergabe.

Doch darunter, auf Ebene der Minister und Ministerinnen, muss das Paket erst noch geschnürt werden. Allerdings kursiert derzeit eine Liste in Berlin, der zufolge die Stellen schon vergeben sind.

Einiges davon klingt bereits bekannt – etwa dass FDP-Vorsitzender Christian Lindner Finanzminister werden soll. Er hatte schon im Wahlkampf kein Geheimnis daraus gemacht, dass ihn dieser Job am meisten interessiert, und auch nach der Wahl Ambitionen erkennen lassen.

Kohleausstieg bis 2030

Das Finanzministerium gilt, nach dem Kanzleramt, als das prestigeträchtigste Haus. Als die FDP zuletzt in der (schwarz-gelben) Regierung saß (2009 bis 2013), war Wolfgang Schäuble (CDU) Ressortchef. Die FDP konnte ihre großen Steuersenkungspläne nicht durchbringen und flog nach dieser Legislaturperiode aus dem Bundestag. Diesen Fehler will sie nicht wieder machen.

Auch Grünen-Chef Robert Habeck hatte sich für das Finanzressort interessiert. Doch er soll offensichtlich ein neues Superministerium für Klima, Umweltschutz und Wirtschaft bekommen. Hier hat er offenbar auch bereits einen ersten Erfolg zu verzeichnen. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen vom Dienstag wird im Koalitionsvertrag ein Kohleausstieg schon bis 2030 verankert – laut mehreren Beteiligten eine Forderung der Grünen. Bisher ist die Abschaltung des letzten Kohlemeilers spätestens 2038 geplant. Ferner hieß es, auf Erdgas für die Stromerzeugung solle spätestens 2040 verzichtet werden.

Nachfolger bei den Grünen

Für die grüne Co-Chefin Annalena Baerbock, die als Kanzlerkandidatin angetreten war, ist laut der internen Liste das Außenministerium vorgesehen. Sie hatte im Wahlkampf des Öfteren ihre Kenntnisse im Völkerrecht hervorgehoben. Dass Habeck und Baerbock in die Regierung eintreten, gilt als sicher. Wenn es so weit ist, beginnt auch bei den Grünen das Sesselrücken. Denn wer ein Ministeramt übernimmt, kann nicht Parteichef sein.

Als Nachfolger an der Grünen-Spitze sind Ricarda Lang und Omid Nouripour im Gespräch. Die 27-Jährige aus Baden-Württemberg ist Vizeparteichefin und zog gerade zum ersten Mal in den Bundestag ein. Der 46-jährige Hesse Nouripour ist dort schon seit 15 Jahren, er gilt als erfahrener Außenpolitiker. Sie wird zu den Linken gezählt, er zu den Realos. Es könnte allerdings auf eine Kampfkandidatur hinauslaufen, denn auch die Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner (42) vom Realo-Flügel soll Interesse haben.

Drei Kandidaturen möglich

Doch auch in der Regierung gibt es weitere offene Posten. Das Verkehrsministerium könnte an den jetzigen Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter gehen, das Agrarressort an die grüne Abgeordnete Steffi Lemke.

Drei Häuser sind den Gerüchten zufolge für die FDP vorgesehen: So könnte die Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann für die Bundeswehr zuständig sein, Generalsekretär Volker Wissing oder Vizefraktionschef Marco Buschmann für Justiz.

Der Name des Abgeordneten Michael Theurer taucht beim Gesundheitsministerium auf. Für dessen Leitung wird aber auch die sächsische Sozialministerin Petra Köpping (SPD) genannt, was bedeuten würde, dass der in Talkshows wegen Corona omnipräsente Gesundheitsexperte Karl Lauterbach leer ausgeht.

Apropos SPD: Hier gilt der derzeitige Arbeitsminister Hubertus Heil als gesetzt, er soll weitermachen. Das Innenressort könnte Justizministerin Christina Lambrecht übernehmen. Scholz hat offensichtlich auch seine ehemalige politische "Partnerin" im Blick: Die Brandenburgerin Klara Geywitz, die mit Scholz 2019 gemeinsam für den SPD-Vorsitz kandidierte (und scheiterte), wird als Bildungsministerin genannt.

CDU-Kandidaten im Hearing

Auch die CDU bereitet sich auf ihre personelle Neuaufstellung vor. Als Erster absolvierte Ex-Fraktionschef Friedrich Merz am Montagabend seine digitale Vorstellung vor interessierten CDU-Mitgliedern. Es ist sein dritter Anlauf im Kampf um den CDU-Chefposten. Das habe "etwas Irrationales", räumte er selbst ein. Im Fall seines Sieges will er den Berliner Bundestagsabgeordneten Mario Czaja zum neuen Generalsekretär machen.

Merz werden parteiintern die besten Chancen zugeschrieben. Es treten außerdem der Außenpolitiker Norbert Röttgen und (Noch-) Kanzleramtschef Helge Braun an.

Alle drei haben Frauen an ihrer Seite: Röttgen schlägt die Hamburger Bundestagskandidatin Franziska Hoppermann (39) als Generalsekretärin vor, Braun die ehemalige Integrationsstaatssekretärin von Nordrhein-Westfalen, Serap Güler. Merz will die Baden-Württembergerin Christina Stumpp zur Vizegeneralsekretärin machen. (Birgit Baumann aus Berlin, 23.11.2021)