Für viele Eltern stellt sich öfter die Frage, wie hoch der Unterhalt an das Kind sein muss. Diese Frage stellt sich insbesondere dann, wenn das Kind bereits volljährig ist. Müssen die Eltern überhaupt noch Unterhalt zahlen, wenn das Kind bereits 18 Jahre alt ist?

Grundsätzlich besteht der Unterhaltsanspruch eines Kindes seinen Eltern gegenüber nur so lange, bis das Kind selbsterhaltungsfähig ist; das bedeutet, bis das Kind imstande ist, so viel Einkommen zu erzielen, um seinen Unterhalt selbst zu decken. Auch ein volljähriges Kind, welches sich in einem Studium befindet, hat noch Unterhaltsansprüche, denn in der Regel können sich Studenten finanziell noch nicht allein erhalten. Voraussetzung ist dabei, dass das Kind sein Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt.

Die Frage, ob wertvolle Geschenke an das Kind den Unterhalt reduzieren können, stellt sich vielleicht für manche Eltern.
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Darüber hinaus tritt für Eltern auch öfters die Frage auf, ob wertvolle Geschenke an das Kind (zum Beispiel Eigentumswohnungen) den Unterhalt reduzieren können. Wie bemisst sich dann die Unterhaltsleistung der Eltern, wenn dem Kind bereits eine oder sogar mehrere Eigentumswohnungen zur Verfügung stehen?

Unterhalt, ohne die Wohnung zur Bemessung heranzuziehen

Genau mit dieser Frage hat sich der Oberste Gerichtshof (OGH) zuletzt in einer Entscheidung beschäftigt. Konkret ging es hier um ein volljähriges Kind, welches zielstrebiger Student war; dennoch verbrachte das Kind sowohl die Wochenenden als auch die Ferien bei der Mutter, die es bekochte und ihm auch die Wäsche machte. Dem Kind gehören zwei Eigentumswohnungen, wobei es in einer dieser Wohnungen selbst lebte; die Wohnung wurde von der Mutter im Jahr 2017 finanziert. Die zweite Wohnung erhielt das Kind im Jahr 2014 als Teil eines Erbes; diese Wohnung wurde nicht von ihm selbst bewohnt, sondern für einen bestimmten Zeitraum vermietet und später unentgeltlich der Schwester des Kindes zur Verfügung gestellt.

Das Kind forderte von seinem Vater einen monatlichen Unterhalt von über 1.000 Euro (auf bestimmte Zeiträume angepasst) und argumentierte, dass keine der beiden Wohnungen bei der Bemessung des Unterhalts eine Rolle spielen sollten: die erste Wohnung wurde von der Mutter finanziert und diese hatte auch die Betriebskosten dafür übernommen. Die zweite Eigentumswohnung war nicht vom Kind selbst bewohnt, und zum anderen hatte seine Mutter ein Recht auf Einbehaltung der durch die Vermietung der Wohnung erzielten Einkünfte (Fruchtgenussrecht). Der Kindesvater argumentierte genau das Gegenteil, nämlich dass sowohl die erste Eigentumswohnung als auch die Einnahmen aus der Vermietung der zweiten Wohnung zu einer Verminderung des Unterhaltsanspruchs des Kindes führen sollten.

Das Erstgericht bestätigte im Wesentlichen die Argumentation des Kindesvaters. Nach dessen Ansicht würde die Tatsache, dass das Kind für die von ihm selbst bewohnte Eigentumswohnung keine Miete zu zahlen habe, dessen Unterhaltsanspruch verringern. Im Übrigen seien die Mieteinkünfte betreffend die zweite Eigentumswohnung als fiktive Mieteinnahmen zu betrachten und würden daher ebenfalls zu einer Unterhaltsverminderung führen.

Selbst bewohnte Eigentumswohnung

Laut OGH ist es keine Regel, dass die Unterhaltspflicht zur Gänze entfällt beziehungsweise vermindert wird, weil das Kind über eine Eigentumswohnung verfügt. Es sollten vielmehr folgende Fragen geklärt werden: Ist der Elternteil, der beispielsweise für das Kind eine Wohnung gekauft hat, unterhaltspflichtig? Hat dieser Elternteil seine Unterhaltspflicht auf eine andere Art erfüllt? Hat der Elternteil diese Wohnung in der Absicht gekauft, den anderen Elternteil von seiner Unterhaltsverpflichtung zu befreien?

Im konkreten Fall verneinte der OGH die Unterhaltsverminderung durch diese Eigentumswohnung. Die Mutter sei ihrer Unterhaltspflicht bereits durch entsprechende Betreuungsleistungen (das Kind wohnte während den Wochenenden und den Ferien bei der Mutter, diese bekochte es und machte seine Wäsche) nachgekommen; das bedeutet, dass die Mutter keinen weiteren Unterhalt in Geld leisten musste. Im Übrigen würden allfällige Zuwendungen von nahen Verwandten an das Kind (wie auch hier den Kauf einer Wohnung durch die Mutter) im Zweifel eine sittliche Verpflichtung erfüllen und nicht zu einer Entlastung des anderen Elternteils von der eigenen Unterhaltspflicht darstellen.

Zweite Eigentumswohnung

Auch hier verneinte der OGH die Anrechnung von Mieteinnahmen auf den Unterhaltsanspruch des Kindes. Im Gegensatz zum Unterhaltsrecht bei Ehegatten unterliegen Kinder grundsätzlich keiner (strengen) Anspannungsobliegenheit; selbst dann nicht, wenn das Kind selbsterhaltungsfähig ist. Mit anderen Worten: Die Unterhaltspflicht der Eltern entfällt nicht schon dann, wenn sich das Kind nicht ernsthaft um Erträgnisse oder Einkünfte bemüht. Davon ausgenommen sind jedoch solche Einkünfte oder Erträgnisse, die leicht erzielbar wären (z.B. Sozialleistungen). Bei der Vermietung von Wohnungen kommt es weiters darauf an, ob die Vermietung dem Kind zugemutet werden kann.

Allgemein gilt es im Familienrecht, dass die meisten Entscheidungen nur aufgrund der Umstände des Einzelfalles getroffen werden können; so auch hier: Der OGH bejahte zwar, dass die Vermietung der Wohnung für das Kind objektiv leicht möglich gewesen wäre. Ob das dem Kind auch subjektiv zumutbar war, können nur unter Heranziehung des familiären Umfelds beurteilt werden. Unzumutbar würde die Vermietung einer Wohnung jedenfalls dann sein, wenn ein sonstiges Familienmitglied diese Wohnung selbst zum Leben brauchen würde. Wenn – wie im vorliegenden Fall – die Schwester kein eigenes Einkommen und auch keine Unterkunft hat, ist es aus sittlichen Gründen nachvollziehbar, dass der Bruder seine Schwester unterstützen möchte und ihr deswegen die Wohnung unentgeltlich zur Verfügung stellt.

Wie man aus dieser Entscheidung herauslesen kann, ist die Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind einer der wichtigsten Aspekte des Familienrechts. Ein Elternteil kann sich nicht von seiner Unterhaltspflicht befreien, indem er behauptet, dass das andere Elternteil ausreichende Leistungen erbracht hat und das Kind deswegen gut versorgt ist. Wenn Sie daher eine größere Anschaffung für Ihre Kinder machen wollen und sich nicht sicher sind, ob beziehungsweise welche Auswirkungen das auf die Zukunft des Familienlebens oder aber auch im Fall einer Scheidung und der damit verbundenen Unterhaltsthematik haben könnte, ist es ratsam juristischen Rat einzuholen. (OGH 20.1.2021 3 Ob187/20a) (Andreea Muresan, 26.11.2021)