Auch auf die Vermarktung kommt es an: Kristina Hammer, auf dem Weg zur Salzburger "Integrationsfigur".

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In fast allen österreichischen Tageszeitungen wird am Donnerstag die überraschende Wahl der deutschen Marketingexpertin Kristina Hammer zur künftigen Salzburger Festspiel-Präsidentin kommentiert. Eine Auswahl:

"Salzburger Nachrichten": "Zumindest in zweifacher Hinsicht stimmt die am Mittwoch beendete Suche nach einer Präsidentin der Salzburger Festspiele hoffnungsfroh: Erstens war das Prozedere für die Bewerbungen und die Anhörungen diesmal derart professionell und gerüchtedicht, dass bis zum Ende der Sitzung des Kuratoriums nichts von Kandidaten und deren Chancen zu eruieren war. Zweitens hat sich das Gremium, in dem die Subventionsgeber Bund, Land und Stadt Salzburg die Verantwortung als Quasi-Eigentümer wahrzunehmen haben, eineinhalb Tage genommen, um sechs von einem Personalberater ausgesiebte Kandidaten zu befragen und die Eindrücke zu beraten. (...) Hinzu kommt ein drittes: Mit der Kür einer Marketingexpertin aus der Schweiz entledigt sich das Kuratorium des Verdachts von provinzieller Engsicht und parteipolitischem Kleinmut. Doch bleibt ein Wermutstropfen dieser Präsidentenbestellung: Intendant Markus Hinterhäuser wurde zwar konsultiert, doch war er in die Entscheidung nicht eingebunden. Für ihn war am Mittwoch die Kür Kristina Hammers so überraschend wie für die Öffentlichkeit."

"Die Presse": "Von der in der Ausschreibung des Präsidentenamtes erwähnten 'regionalen Verwurzelung' kann indes keine Rede sein. Wozu diese in Kombination mit wachem kulturhistorischen Bewusstsein gut sein kann, haben uns die Jahre gelehrt, die Helga Rabl-Stadler an der Seite Gerard Mortiers an der Festspielspitze stand: In diesem Kraftfeld wuchs sie zur klug abwägenden Integrationsfigur."

"Kurier": "Weder der Bankier Heinrich Wiesmüller, noch die Geschäftsfrau Helga Rabl-Stadler, seine Nachfolgerin, kamen aus der Kulturszene. Daher ist es durchaus in Ordnung, wenn ab Jänner 2022 eine Juristin das Amt übernimmt. Und es ist auch vollkommen richtig, bei der in der Tat überraschenden Wahl von Kristina Hammer ein wenig über den Salzburger Horizont hinaus geblickt zu haben. Und doch befremdet die Entscheidung, wenn man den Lebenslauf von Kristina Hammer liest. Denn er passt eher zu den Limousinen, die vor den Festspielhäusern warten, als auf das, was in diesen stattfindet. (...) Ja, die Festspiele sind der Maybach unter den Festivals. Aber das Schöne ist: Bisher standen sie nicht völlig unter dem Diktat der Vermarktung. Möge dies bleiben."

"Kleine Zeitung": "Salzburgs Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf galt quasi schon als 'ausgemachte' Nachfolgerin von Helga Rabl-Stadler als Präsidentin der Salzburger Festspiele. Gut, dass sie es nicht geworden ist. Nicht, weil sie nicht fähig für die Funktion gewesen wäre. Sondern weil es die Ausschreibung, die anderen Kandidatinnen und Kandidaten, das Amt und das Festival beschädigt hätte. (...) Kristina Hammer heißt also die überraschende Wahl. Die deutsche Marketingexpertin hat schon vor Antritt ein Problem, und das heißt Helga Rabl-Stadler. Eine Präsidentin wie sie – eine mit Herz und Löwenherz und Seele, wie wir einmal schrieben – kann man nicht erfinden. Und schon gar nicht kopieren."

"Wiener Zeitung": "'Umfassende Kenntnisse des Kulturlebens, ein Grundverständnis für die künstlerische Leitung/Intendanz sowie die kaufmännischen Agenden' wurden verlangt – sowie perfektes Englisch, Führungskompetenz, unternehmerischer Gestaltungswille und soziale, integrative und vermittelnde Fähigkeiten wurden gefordert und 'die Fähigkeit, sich sowohl am internationalen Parkett als auch in der regionalen Verwurzelung der Salzburger Festspiele sicher zu bewegen'. In seiner Gesamtheit hätte selbst Helga Rabl-Stadler dieses Profil wohl zu Amtsantritt nicht erfüllt. Ob es Kristina Hammer tut, wird sich zeigen. In der Ausschreibung unterschlagen wurde übrigens, dass Hammer ein krisenfestes Nervenkostüm brauchen wird. Ob sie es nun mit bockigen Intendanten (wie Rabl-Stadler mit Gerard Mortier) oder mit langwierigen Gesundheitskrisen zu tun hat."

"Oberösterreichische Nachrichten": "Wenn alle ersten Auftritte in der 101-jährigen Geschichte der Salzburger Festspiele so holprig verlaufen wären, dann wäre das Festival nicht das bedeutendste der Welt, sondern eine Provinzbühne. Die mit Spannung erwartete Präsentation der künftigen Präsidentschaft der Festspiele war gestern zunächst als unfreiwillige Posse angelegt."

Und die deutsche "Bild", gewohnt kernig: "BILD meint: Hammer-Leistung, Frau Hammer!" (APA, 25.11.2021)