Equal Pay – wer denkt da nicht sofort an Frauen? Logisch, und teilweise zu Recht. Denn im laut Statista zehntreichsten Land Europas und vierzehntreichsten Land weltweit liegt der durchschnittliche Bruttostundenverdienst der Frauen immer noch um 19,9 Prozent unter dem der Männer – damit sind wir in Europa Schlusslicht, gemeinsam mit Estland und Lettland.

Sollten sich Unternehmen des Themas Equal Pay nur annehmen, weil es einklagbares Recht ist? Mitnichten! Obwohl Verstöße empfindlich teuer werden können: Im September 2019 legte beispielsweise ein Technologiekonzern eine Klage beim US-Arbeitsministerium über geschlechts- und rassenbedingte Lohndiskriminierung mit einer Zahlung in Höhe von sieben Millionen US-Dollar bei.

In Österreich verdienen Frauen um durchschnittlich 19,9 Prozent weniger als Männer. Österreich ist damit Schlusslicht bei Equal Pay.
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Warum sonst Equal Pay auf die Unternehmensagenda setzen? Firmen, in der die Belegschaft weitestgehend männlich ist, könnten sich zurücklehnen, oder? Ganz und gar nicht, denn bei Equal Pay geht es generell um gleiches Gehalt für den gleichen Job bei vergleichbarer Leistung – unabhängig von Geschlecht, Alter, Teilzeit oder Vollzeit, Nationalität, Religion, Behinderung.

Globale Märkte

Der globale Markt erfordert häufig eine internationale Belegschaft: Betreuung internationaler Kunden, Produktion in Übersee, weltweite Materialbeschaffung und vieles mehr kann man schwer nur mit heimischem Knowhow bedienen. Daher suchen Unternehmen die geeigneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon längst nicht mehr nur vor der eigenen Haustüre, sondern rekrutieren Experten im und aus dem Ausland. Und die Versuchung, Mitarbeitende aus Billiglohnländern schlechter zu bezahlen, um Kosten zu sparen, ist nicht nur eine Form des Lohndumpings, sondern macht sich auf Dauer auch beim Arbeitgeber-Image negativ bemerkbar: Wenn sich solche Geschichten auf Social Media verbreiten, kann das dafür sorgen, dass man gar keine geeigneten Mitarbeiter mehr findet.

Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel bringt Unternehmen dazu, Frauen für Berufe begeistern zu wollen, die vormals fast ausschließlich von Männern besetzt waren. Und mit einem Mal müssen sich klassische Männerdomänen mit den Wünschen und Besonderheiten einer weiblichen Belegschaft auseinandersetzen. Selbst wenn anfänglich das gleiche Gehalt für den gleichen Job bezahlt wird, können unter anderem die Zeit der Karenz, die Rückkehr aus der Karenz in einen Teilzeitjob oder das unterschiedliche Verhandlungsgeschick bei Gehaltsgesprächen die Lohnentwicklung empfindlich beeinflussen. Ein Grund, das Thema Equal Pay systematisch auf der Agenda zu haben.

Gastronomie und Pflegeberufe

In Amerika haben allein im August 4,3 Millionen Menschen ihren Job gekündigt, allen voran Beschäftigte aus der Hotellerie und Gastronomie – eine absolute Rekordzahl im Vergleich zu den letzten 20 Jahren. Sie haben sich angesichts der vielen offenen Stellen bei einem neuen Arbeitgeber bessere Chancen ausgerechnet.

Und Österreich berichtet einen ähnlichen Trend an offenen Stellen seit dem Sommer. Das Momentum-Institut hat im Oktober recherchiert, dass die Mehrheit der Unternehmen, die sich über Mangel an Köchen, Bäckern, Friseuren und Kellnern beklagen, nach wie vor weder bessere Arbeitsbedingungen noch einen Lohn über dem Mindest-Kollektivvertragsgehalt anböten. Hier geht es weniger um das Thema Equal Pay, gleichen Lohn für gleichen Job, sondern um Pay Equity, also vergleichbare Löhne für Jobs mit vergleichbarem Wert: Warum sollten zum Beispiel Jobs in der Metallindustrie am Markt mehr wert sein als Jobs in der Gastronomie oder im Handel? Es wird Zeit, das Thema Arbeitsbedingungen und Gehalt im Niedriglohnsektor zu überdenken.

Wünsche der Generation Z

Zahlreiche Studien wie zum Beispiel die von McKinsey aus dem Jahr 2021 belegen, dass die Generation Z (geboren zwischen 1995/1997 und 2010/2012) verstärkt Sinn in ihrer Arbeit sucht und ihr Fairness am Arbeitsplatz, Akzeptanz ihrer Persönlichkeit und Gemeinschaftssinn besonders wichtig sind.

Equal Pay, also gleiche Bezahlung für gleiche Jobs und vergleichbare Leistung ist das mindeste, was sich die jungen Beschäftigten von einem guten Arbeitgeber erwarten. Unterschiede in Behandlung, Beförderung und Bezahlung aufgrund von Geschlecht, Alter, Teilzeit/Vollzeit, Nationalität, Religion oder Behinderung werden nicht mehr hingenommen – die Akzeptanz für "old white males only" scheint sehr begrenzt. Laut einer Zenjob-Umfrage vom Mai 2021 wollen nur noch 19 Prozent für einen Konzern arbeiten. Und in den USA suchen bereits mehr als die Hälfte aller 18- bis 24-Jährigen einen neuen Job und immerhin auch 31 Prozent aller 25- bis 34-Jährigen (Generation Y).

Je diverser die Belegschaft im Unternehmen wird, desto wichtiger wird es für die Arbeitgeber sein, alle in ihrer Unterschiedlichkeit einzubinden und ihnen ein Gefühl der Fairness und des Miteinanders zu vermitteln. Denn nur wenn alle an einem Strang ziehen, stellt sich der Unternehmenserfolg ein. Und Equal Pay ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. (Martina Ernst, 7.12.2021)