In der Schule gilt auch für die Kleinsten Maskenpflicht. Gelernt wird vor Ort, die Politik empfiehlt daheimzubleiben.

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Sophie R. hat die vergangenen Tage damit verbracht zu überprüfen, ob ihre Schülerinnen und Schüler alle online erreichbar sind. Sie hat die digitale Plattform vorbereitet und die Stunden koordiniert.

R. ist Lehrerin an einer Neuen Mittelschule in Linz. Ihre Klasse ist seit kurzem in Quarantäne, fünf Schülerinnen und Schüler wurden positiv auf das Coronavirus getestet. "Die Gesundheitsbehörde hat ewig gebraucht, um alle offiziell über die Quarantäne zu verständigen", erzählt die Pädagogin. Hätten sie und der Direktor der Schule nicht alle Eltern vorab informiert, wären die Kinder Dienstagfrüh in der Klasse gesessen.

Auch für Schülerinnen und Schüler, die nicht in Quarantäne sind, waren die vergangenen Tage von Chaos und Verunsicherung geprägt. Seit Montag gilt aufgrund der hohen Corona-Fallzahlen ein genereller Lockdown im ganzen Land, von dem die Schulen allerdings weitgehend ausgenommen sind.

Die Regelung des Bildungsministeriums lautet: "Die Schule bleibt offen für alle, die sie brauchen." Wer will, kann zwar zu Hause bleiben, der Präsenzunterricht an den Schulen bleibt aber aufrecht. Distance-Learning – also einen kontinuierlichen Unterricht für jene, die daheim sind – gibt es nicht.

Der Schüler Marko Avramovic Filca (14) hat daraufhin überlegt, welche Entscheidung nun die bessere sei. Natürlich habe er auch Sorge, sich anzustecken. "Aber ich fühle mich relativ sicher." Er sei zweimal geimpft und trage immer Maske.

"Zu Hause hat man den Lehrer nicht bei sich, dem man Fragen stellen kann."

Schüler Marko Avramovic Filca (14)

Avramovic Filca besucht die Handelsschule der Vienna Business School in Wien-Floridsdorf. Nach Gesprächen mit Klassenkollegen und seinen Eltern hat er sich dafür entschieden, weiterhin in die Schule zu gehen. "Ich gehe in die erste Klasse und muss viel lernen. Zu Hause hat man den Lehrer nicht bei sich, dem man Fragen stellen kann." Das Distance-Learning im ersten Lockdown sei schwierig für ihn gewesen.

So wie Avramovic Filca hat sich die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler in Österreich entschieden. Lediglich ein Viertel war zu Wochenbeginn zu Hause geblieben.

An der Regelung des Bildungsministeriums gab es dennoch viel Kritik. Einige Ärzte und Virologen sprechen sich dafür aus, auch die Schulen für zwei Wochen komplett zu sperren, um die hohen Fallzahlen in der Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen zu senken. In einem offenen Brief haben dies auch einige Schülerinnen und Schüler der Oberstufen gefordert.

Lehrerin R. unterrichtet an einer Schule mit hohem Migrationsanteil. "Für uns sind manche Kinder zu Hause gar nicht erreichbar, weil sie etwa in einer Flüchtlingsunterkunft leben und dort keine Endgeräte haben. Andere haben keinen stabilen Zugang zum Internet", gibt sie zu bedenken.

Eine komplette Schließung der Schulen würde für diese Kinder bedeuten, gar nicht unterrichtet zu werden, und manchmal auch, allein zu Hause zu sein. "Viele unserer Eltern können nicht einfach so von der Arbeit daheimbleiben und ihre Kinder betreuen." Besser sei es da, wenn die Schülerinnen und Schüler in der Struktur der Schule regelmäßig getestet würden. Auch wenn für die Durchführung der Tests viel Unterrichtszeit verloren gehe, sei das die beste Lösung.

"Meine Empfehlung an die Eltern war es, die Kinder in die Schule zu schicken."

Michel Fleck, Schulleiter in Wien

Michel Fleck, der Sprecher des Wiener AHS-Direktorenverbands, stimmt ihr zu. "Meine persönliche Empfehlung an die Eltern war es, die Kinder in die Schule zu schicken", sagt der Leiter der AHS und Wiener Mittelschule Anton-Krieger-Gasse. Hier würden sie getestet, unterrichtet, und auch ihre Kontakte zu anderen Kindern und Jugendlichen würden kontrolliert. "Wenn die Schulen zu sind, heißt das ja nicht, dass sich die Jugendlichen nicht trotzdem treffen", sagt Fleck. Außerdem müsse man ehrlich sein und bedenken, dass viele Schüler zu Hause dann eben nicht lernen und lieber Computer spielen. Da sei der Unterricht an der Schule jedenfalls zu bevorzugen.

Stündliche Änderungen

An der Berufsschule für Chemie, Grafik und gestaltende Berufe im 15. Wiener Gemeindebezirk hat die Regelung des Bildungsministeriums für großen Organisationsaufwand gesorgt. "Bei uns ändert sich derzeit stündlich etwas", erzählt Leiter Gerald Ammer. Erst Mittwochnachmittag wurde klargestellt, dass jene 20 Prozent seiner Schüler, die sich vom Unterricht abgemeldet haben, zu Hause lernen können und nicht im Betrieb arbeiten müssen. "Schließlich werden sie von ihren Arbeitgebern für diese Zeit bezahlt."

Da seine Schülerinnen und Schüler oft nur einmal pro Woche Unterricht haben, erfährt Ammer täglich neu, wer heute zum Präsenzunterricht erscheint und wer nicht. "Das pendelt sich wohl noch ein, aber leicht zu organisieren ist das nicht", sagt der Pädagoge. (Lisa Kogelnik, 26.11.2021)