Nach einer Gewaltwelle auf den Salomonen schickt Australien mehr als hundert Polizisten und Soldaten auf die Inselgruppe im Südpazifik. Das erklärte der australische Premierminister Scott Morrison am Donnerstag. Der salomonische Regierungschef Manasseh Sogavare habe um die Unterstützung ersucht, die vom nationalen Sicherheitskomitee in Canberra umgehend freigegeben wurde.

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Scott Morrison schickt Sicherheitskräfte auf die Salomonen.
Foto: AP/Coch

Demonstranten missachteten am Donnerstag eine am Vortag verhängte 36-stündige Ausgangssperre. Sie forderten den Rücktritt Sogavares. Dieser bezeichnete die Proteste als "ein weiteres trauriges und unglückliches Ereignis, das darauf abzielt, eine demokratisch gewählte Regierung zu stürzen".

Brandstiftungen

Bei den Protesten in der Hauptstadt Honiara wurde am Mittwoch unter anderem ein Bauteil des Parlaments, eine Polizeistation und Gebäude in der Chinatown angezündet. Dabei kam es auch zu Plünderungen, die Polizei setzte Tränengas ein.

Ein Gebäude des Parlaments in Honiara stand am Mittwoch in Flammen.
Foto: AFP/Piringi

Peking äußerte sich am Donnerstag besorgt über die Entwicklung. Zhao Lijian, der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, forderte Sogavare auf, "alle Maßnahmen zu ergreifen um chinesische Bürger zu schützen. Alle Versuche, die Entwicklung der Beziehungen zwischen China und den Salomonen zu unterbrechen, seien zwecklos, schrieb Zhao auf Twitter.

Morrison: Truppen sind keine Einmischung

23 Polizisten würden sofort entsandt, um bei der Eindämmung der Ausschreitungen zu helfen, gab Morrison bekannt. Weitere fünfzig sollen für den Schutz gefährdeter Infrastruktur abgestellt werden. Dazu sollen 43 Angehörige des australischen Militärs die australischen Polizisten unterstützen.

"Unser Ziel ist es, Stabilität und Sicherheit zu bieten, um die normalen verfassungsmäßigen Prozesse auf den Salomonen zu ermöglichen und die verschiedenen aufgetretenen Probleme lösen zu können", sagte Morrison zu Journalisten in Canberra. "Es ist in keiner Weise die Absicht der australischen Regierung, in die inneren Angelegenheiten der Salomonen einzugreifen, die von ihnen selbst zu lösen sind."

Auch in Honiaras Chinatown wurde bei den Protesten Feuer gelegt.
Foto: AFP/ JOB RONGO'AU FUOO

Konflikt zwischen Regierung und Provinz

Viele der Demonstranten sind aus der bevölkerungsreichsten Provinz Malaita über die Indispensable Strait in die Hauptstadt auf der Insel Guadalcanal gereist. Zwischen der Zentralregierung in Honiara unter Premier Sogavare und der Provinzregierung Malaitas unter der Führung von Daniel Suidani herrscht seit geraumer Zeit ein heftiger Konflikt.

2019 hatte Sogavare handstreichartig die Botschaft Taiwans schließen lassen und einen fliegenden Wechsel zu Peking verfügt. Zuvor waren die Salomonen lange Jahre ein treuer Partner der demokratischen Regierung in Taipeh gewesen. Peking hatte die Regierung in Honiara Berichten zufolge mit Investitionen von bis zu 500 Millionen Dollar gelockt.

Malaita vollzog den Wechsel jedoch nicht und hält zum Ärger Pekings weiterhin Beziehungen mit Taiwan aufrecht. Dies führte im Vorjahr sogar zu Plänen für ein Unabhängigkeitsreferendum auf Malaita, das von der Zentralregierung aber für illegal erklärt wurde. Suidani erkrankte im vergangenen Frühjahr schwer. Da für ihn die notwendigen Untersuchungen und Behandlungen in Honiara nicht verfügbar waren, begab er sich zu einer monatelangen Therapie nach Taiwan.

Versuchter Sturz

Nach seiner Rückkehr im Herbst versuchten Suidanis Gegner ihn mit einem Misstrauensvotum zu stürzen. Dies führte bereits Ende Oktober zu schweren Protesten und kritischen Situationen, die geplante Misstrauensabstimmung wurde schließlich ausgesetzt.

Die Malaitaner, die nun in Honiara an den Ausschreitungen beteiligt waren, rief Suidani am Donnerstag auf, Ruhe zu bewahren und rechtswidrige Handlungen zu unterlassen. Von Sogavare verlangte Suidani den sofortigen Rücktritt, damit ein neuer Führer, der das Vertrauen der Bevölkerung habe, die Regierungsgeschäfte übernehmen könne.

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Eine Polizeistation brannte aus.
Foto: Reuters/Kekea

Der Provinzchef von Malaita warf dem Premier der Salomonen vor, ausländische Interessen über jene des Staates gestellt zu haben. "In den letzten zwanzig Jahren hat sich die Not der Einwohner verschlimmert, während Sogavare an der Macht war, während gleichzeitig Ausländer die besten Ressourcen des Landes geerntet haben." Die Leute seien nicht blind und wollten nicht mehr betrogen werden, sagte Suidani.

Sogavare ist seit 2019 erneut Regierungschef – zum vierten Mal. Zuvor war er bereits von 2000 bis 2001, 2006 bis 2007 und 2014 bis 2017 an der Macht.

Die Rauchsäulen der Brände waren weithin zu sehen.
Foto: AFP/Taupongi

Lange Geschichte der Gewalt

Der australische Einsatz ist kein Novum. Bereits von 2003 bis 2017 waren Friedenstruppen unter der Führung Australiens vor Ort, um jahrelange gewaltsame Konflikte zwischen verschiedenen Ethnien zu beenden. Im Jahr 2006 war es auf den Salomonen nach Parlamentswahlen zu schweren Ausschreitungen im chinesischen Viertel Honiaras gekommen, nachdem über Wahlmanipulationen durch chinesische Unternehmen berichtet worden war.

Malaita zählt zu den am wenigsten entwickelten Regionen der ohnehin nicht reichen Salomonen. Die Einwohner der Provinz fühlen sich seit geraumer Zeit von der Zentralregierung wirtschaftlich benachteiligt. Die USA unterstützten Malaita im Vorjahr mit Entwicklungshilfegeldern in der Höhe von 25 Millionen Dollar. (Michael Vosatka, 25.11.2021)