Die deutschen Mieterinnen und Mieter sollen nicht mehr alleine die Mehrkosten für den höheren CO2-Preis beim Heizen tragen. So steht es im Programm der Ampelkoalition.

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Deutschland bekommt ein eigenes Ministerium für Bauen und Wohnen. Das wurde in den Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP vereinbart. Das neue Ministerium bekommt die SPD, so viel steht fest; wer es führen wird, dürfte erst kommende Woche bekanntgegeben werden.

CO2-Steuer wird aufgeteilt

Sechs Seiten des Koalitionsvertrags (PDF), der am Mittwoch vorgestellt wurde, behandeln das Thema Bauen und Wohnen. Unter anderem haben sich die künftigen Koalitionäre darauf geeinigt, dass die Mieter nicht mehr alleine die Mehrkosten für den höheren CO2-Preis beim Heizen tragen sollen. Es wird vielmehr eine "faire Teilung" mit den Vermietern angestrebt.

Dafür will die Ampelkoalition bis Mitte 2022 ein Stufenmodell nach Gebäudeenergieklassen erarbeiten. Wird dieses nicht rechtzeitig fertig, soll ab 1. Juni 2022 jeweils zur Hälfte geteilt werden.

Neue Gemeinnützigkeit

Um das Angebot auf dem Immobilienmarkt zu erhöhen, sollen 400.000 Wohnungen pro Jahr gebaut werden, darunter 100.000 Sozialwohnungen. "Dafür werden wir die finanzielle Unterstützung des Bundes für den sozialen Wohnungsbau inklusive sozialer Eigenheimförderung fortführen und die Mittel erhöhen", heißt es im Koalitionsvertrag. Insbesondere auf neuen Wohnraum für studentisches Wohnen, junges Wohnen und Wohnen für Auszubildende soll verstärkt Augenmerk gelegt werden.

Ein "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" mit allen wichtigen Akteuren soll geschlossen werden, und es soll auch "zeitnah eine neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen" auf den Weg gebracht werden. Damit soll eine neue Dynamik in den Bau und die dauerhafte Sozialbindung bezahlbaren Wohnraums gebracht werden.

Mietpreisbremse wird verlängert

Solange noch nicht genügend Wohnungen verfügbar sind, sollen die Mieterinnen und Mieter besser geschützt werden. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass die Mieten auf angespannten Wohnungsmärkten wie in Berlin in laufenden Verträgen künftig nur noch um maximal elf Prozent in drei Jahren steigen dürfen. Bisher sind Erhöhungen um bis zu 15 Prozent in drei Jahren möglich.

Außerdem wird die Mietpreisbremse, die nur bis 2025 gelten sollte, nun bis zum Jahr 2029 verlängert – allerdings ohne weitere Verschärfung. Die Mietpreisbremse sieht vor, dass Vermieter beim Abschluss eines neuen Vertrags die ortsübliche Miete nur um maximal zehn Prozent überschreiten dürfen.

Qualifizierte Mietspiegel, die Auskunft über die ortsübliche Miete geben, sollen künftig gestärkt und rechtssicher ausgestaltet werden und für Gemeinden über 100.000 Einwohnerinnen bzw. Einwohner verpflichtend werden. Zur Berechnung sollen die Mietverträge der vergangenen sieben Jahre herangezogen werden – und damit mehr niedrigere Mieten Berücksichtigung finden, womit sich Mieterhöhungsspielräume verringern.

Kostenlose Sanierungspläne

Die Sanierungsförderung soll weiterentwickelt werden, unter anderem soll auch ein System geschaffen werden, das Wohnungseigentumsgemeinschaften kostenlose "Sanierungsfahrpläne" bereitstellt. Wer neu baut oder saniert, soll aber dafür auch bald ambitioniertere Energiestandards einhalten müssen. Bei privaten Neubauten sollen Solarpaneele auf den Dächern die Regel, aber keine Pflicht werden. Außerdem sollen ab 2025 nur noch Heizungen eingebaut werden, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien funktionieren, also etwa Wärmepumpen.

Privathaushalte sollen beim Erwerb von Wohneigentum stärker unterstützt werden, zum Beispiel mit Tilgungszuschüssen und Zinsverbilligungen. Die Bundesländer sollen außerdem die Möglichkeit erhalten, Freibeträge bei der Grunderwerbssteuer festzulegen. Zur Gegenfinanzierung wollen die Koalitionäre steuerliche Schlupflöcher beim Immobilienerwerb von Konzernen schließen.

Und auch die Obdach- und Wohnungslosigkeit will man bis 2030 überwinden, so lautet ein weiteres Ziel im Koalitionsvertrag. Dafür soll ein Nationaler Aktionsplan erarbeitet werden.

Geteilte Reaktionen

Die Reaktionen auf die Pläne beim Thema Bauen und Wohnen fielen naturgemäß zwiespältig aus. Das neue Bauministerium wird sehr begrüßt, unter anderem vom Zentralverband des Baugewerbes (ZDB).

Der Mieterbund begrüßte zwar die geplante Schaffung neuen Wohnraums, nannte den Koalitionsvertrag aber ansonsten "unzulänglich". "Offensichtlich hat sich die FDP beim Mietrecht deutlich durchgesetzt", sagte Präsident Lukas Siebenkötten. Beim effektiven Mieterschutz komme man so nicht voran. (Martin Putschögl, 26.11.2021)