Nicht nur im Einzelhandel gibt es am Black Friday Preisnachlässe. Wegen aufkeimender Ängste bezüglich der neuen Virusvariante zogen die Aktienbörsen heuer mit.

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Schon die Vorgaben der asiatischen Börsen ließen nichts Gutes erahnen – und die Befürchtungen sollten sich bewahrheiten. Die neue Variante des Coronavirus sorgt für hochgradige Nervosität unter den den Investoren. Europas Aktienmärkte gerieten am Freitag schon im frühen Handel stark unter Druck und verloren just zum Onlineshoppingevent Black Friday zwischen drei und vier Prozent. Auslöser der Talfahrt ist eine in Südafrika entdeckte Mutation des Coronavirus namens Omikron (B.1.1.529). Auch im weiteren Handelsverlauf erholten sich die Märkte nur sehr zögerlich.

Die neue Variante könnte Experten zufolge ansteckender sein als der aktuell grassierende Typ Delta und resistenter gegen die aktuellen Impfstoffe. "Solange man über Ansteckungsraten und Impfschutz nichts weiß, regiert an der Börse die Unsicherheit, und es wird verkauft", sagte der Analyst Jochen Stanzl vom Onlinebroker CMC Markets. "Und eine neue Variante, die durch Impfstoffe nicht bekämpft werden kann, ist wie ein neues Virus."

Österreich hat wie zahlreiche andere EU-Länder bereits mit Einreiseverboten für Personen aus dem südlichen Afrika reagiert. Nur noch Österreicher dürfen aus den Virusvariantengebieten Südafrika, Lesotho, Botswana, Simbabwe, Mosambik, Namibia und Eswatini zurückkehren – und auch das nur unter strengen Quarantäneauflagen. Auch in Hongkong wurden Infektionen mit der neuen Virusvariante Omikron (B.1.1.529) gemeldet. Dazu kommen die Sorgen der Börsianer über die hohen Inflationsraten in den USA und Europa und die möglichen Reaktionen der Notenbanken, die schon zuvor den Aufwärtstrend an den Aktienmärkten gebremst hatten.

Reise und Banken schwer getroffen

Die Verluste zogen sich durch alle Branchen. Besonders schwer wurden Vertreter der Reise- und Freizeitbranche von dem Ausverkauf erwischt. Die Airbus-Aktie fiele aus allen Wolken und notierte zeitweise zweistellig in der Verlustzone. Ähnlich schwer erwischte es die Lufthansa und den britischen Kreuzfahrtanbieter Carnival. An der Wiener Börse musste vor allem der Caterer Do & Co Federn lassen, aber auch der Flughafen verzeichnete starke Verluste. Auch Finanzwerte gerieten unter die Räder.

In Wien belastete neben den Banken auch die sehr schwache Tendenz des Schwergewichts OMV den Markt. Denn auch die Ölpreise gaben am Freitag im frühen Handel kräftig nach. Auch während der ersten Coronawelle im Frühjahr 2020 waren die Erdölpreise abgestürzt.

Im Gegenzug waren bei den Investoren sogenannte sichere Häfen gesucht. Gold konnte zulegen, ebenso der Schweizer Franken. Auch der Euro notierte gegenüber dem US-Dollar höher. "Wenn die neue Variante sich in den USA ausbreitet, würde es das dortige Wachstum dämpfen", sagte Stephen Innes, Partner beim Vermögensverwalter SPI. In so einem Umfeld werde eine Zinserhöhung der Notenbank Fed unwahrscheinlicher. Keinen Schutz vor dem Ausverkauf boten hingegen Kryptowährungen, Bitcoin sackte merklich ab.

Deutschland droht BIP-Rückgang

Belastend wirkte auch eine Einschätzung der Commerzbank-Volkswirte, wonach die deutsche Wirtschaft im Winterhalbjahr wegen der neuen Coronawelle schrumpfen werde. "Der Dienstleistungssektor wird die Wirtschaft im Winter spürbar dämpfen", sagte Chefvolkswirt Jörg Krämer am Freitag. Weitere Maßnahmen gegen die Pandemie und das vorsichtigere Verhalten der Menschen dürften Geschäfte, Friseursalons und Restaurants belasten.

Das deutsche Ifo-Institut stimmte zudem Investoren und Verbraucher auf eine anhaltend hohe Inflation ein. Die Münchner Konjunkturforscher befragen monatlich rund 7.000 Unternehmen nach ihren Plänen für ihre Verkaufspreise. Per Saldo stieg der Index der Preiserwartungen im November auf 45 Punkte, "einen neuen Rekordwert seit dem Beginn der Umfragen" nach der deutschen Wiedervereinigung 1991. "Das bleibt natürlich nicht ohne Folgen für die Verbraucherpreise", sagte der Leiter der Ifo-Konjunkturprognosen, Timo Wollmershäuser. "Bis Ende dieses Jahres dürfte die Inflationsrate bis auf knapp 5 Prozent steigen und auch im kommenden Jahr zunächst spürbar über 3 Prozent liegen", ergänzte er.

Abwärts an Wall Street

Die bange Stimmung schwappte auch auf die andere Seite des Atlantiks, an der Wall Street ging es ebenfalls von Anfang an deutlich abwärts. Auch hier zeigten sich fast alle Branchen in der Verlustzone. Auf der Gewinnerstraße befanden sich nur wenige Titel, etwa die Impfstoffhersteller Moderna, Biontech und Pfizer konnten deutlich zulegen. Am stärksten verloren haben Aktien aus der Luftfahrt und dem Tourismusbereich. Der Dow Jones verlor um 2,53 Prozent. An den US-Börsen fand am Freitag nur ein verkürzter Handel statt, nachdem die Wall Street am Vortag wegen Thanksgiving gänzlich geschlossen hatte. (Alexander Hahn, 26.11.2021)