Klein und schick sind die Airpods 3. Das hat Vor- und Nachteile, wie sich im STANDARD-Test zeigt.

Foto: Martin Stepanek

Kaum ein Apple-Produkt hat für so viel Spott und Häme gesorgt wie die 2016 vorgestellten Airpods. Die weißen Drahtloskopfhörer erinnerten viele an elektrische Zahnbürstenaufsätze, wenig überraschend machten entsprechende Memes im Netz die Runde. Eigenwilliges Design hin oder her: Die Airpods entwickelten sich für Apple zum absoluten Verkaufsschlager.

Allein im Vorjahr wurden über 100 Millionen Airpods verkauft, die Wearables-Kategorie, zu denen die Kopfhörersparte zählt, erwirtschaftete im gerade zu Ende gegangenen Geschäftsjahr 38 Milliarden Dollar und damit mehr als die Macs oder die iPads. Mit den Airpods 3 hat Apple noch mehreren Jahren das erste echte Update für sein Einsteigermodell auf den Markt gebracht. DER STANDARD hat die Kopfhörer getestet.

Die Airpods der zweiten Generation (oben) und die Airpods 3 (unten) im Vergleich.
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Über Design lässt sich bekanntlich streiten. In der Tat glänzten die Original-Airpods mit ihren länglichen dünnen Bügeln weniger mit ihrem Aussehen als mit ihrer Funktionalität im Apple-Kosmos. Die Airpods 3 erinnern stark an die vor zwei Jahren vorgestellten, teureren Airpods Pro. Die Bügel sind merklich geschrumpft, der Kopf mit den verbauten Lautsprechern ist größer und bauchiger ausgefallen. Die schwarzen Elemente sind präsenter. Kurzum: Die neuen Airpods wirken deutlich schicker, die Verarbeitung ist hochwertig.

Design: Zu klein für die Finger, zu groß für das Ohr

Das filigrane Design, für das man sich in der Öffentlichkeit nun definitiv nicht mehr schämen muss, hat jedoch seinen Preis. Der kurze Bügel und die geschwungenere Kopfform machen das Hantieren mit den Airpods zur Geschicklichkeitsübung – etwa wenn man sie aus dem Ladecase herausnimmt oder dorthin zurückgibt. Auch der physische Knopf, der in beiden Airpods integriert ist, ist so klein ausgefallen, dass Fingerspitzengefühl notwendig ist, um per Klick(s) Musik wiederzugeben oder zum nächsten Titel zu springen.

Die neue Form ist in der Praxis leider auch das potenziell größte Manko. Denn obwohl die Airpods 3 deutlich kompakter gestaltet sind, ist der bauchigere Stöpsel für kleinere Ohren nur bedingt geeignet. Im STANDARD-Test erwiesen sich die Kopfhörer als wenig komfortabel bzw. taten bereits nach 30 Minuten weh. Die Passgröße ist natürlich subjektiv. Viele Apple-User klagten bei den Original-Airpods, dass sie leicht aus den Ohren fallen können. Wer das Problem hatte, muss sich bei den neuen Airpods keine Sorgen machen. Wem das Vorgängermodell perfekt passte, sollte sie vor dem Kauf ausprobieren.

Deutlich besserer Klang und 3D-Audio

Was den Klang betrifft, stellt die neue Generation eine deutliche Verbesserung dar. Im direkten Vergleich mit den Original-Airpods punkten Apples neue Kopfhörer mit mehr Details in allen Frequenzen. Die Höhen und somit auch Gesangsstimmen sind klarer, tiefere Frequenzen haben mehr Kraft und Fülle, bleiben gleichzeitig aber knackig, ohne andere Bereiche zuzudröhnen. Generell sind die Frequenzbereiche sauberer getrennt, was mehr Raum beim Hören gibt. Wechselt man auf das alte Modell, legt sich wieder ein Schleier über die Musik. Alles wird deutlich schwammiger.

Der bauchigere Kopf der Airpods kann kleineren Ohren Probleme bereiten.
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Mit den Airpods 3 hält 3D-Audio nun auch beim Einsteigermodell Einzug. Wer die dreidimensionale Klangaufbereitung noch nie am eigenen Ohr erfahren hat, könnte einen großen Aha-Effekt erleben. Bei Musik – das jeweilige Album muss als Dolby-Atmos-Version in Apple Music verfügbar sein – bleibt der Effekt eher Spielerei. Beim Schauen von Serien und Filmen über Apple TV oder Netflix macht das Ganze aber einen großen Unterschied. Im ersten Moment wirkt es tatsächlich so, wie wenn man ohne Kopfhörer im Wohnzimmer sitzt und über die Surroundanlage hört.

Verstärkt wird der Effekt, wenn man bei den Systemeinstellungen "3D-Audio Kopferfassung" aktiviert. Sieht man auf dem iPad oder iPhone ein Video an, klingt der Sound immer so, als käme er im Raum von dem jeweiligen Gerät. Wendet man den Kopf oder geht zwei Schritte zur Seite, kommt der Klang nun automatisch von der Seite – eben da, wo sich das iPhone oder iPad eben befindet. Das funktioniert übrigens auch bei Videos, die nicht über eine Dolby-Atmos-Spur verfügen und auch bei Youtube, das bei 3D-Audio noch außen vor bleibt.

Spannend für die Zukunft

Auch wenn der 3D-Effekt nicht immer perfekt ist und etwa der akustische Gewinn bei Musikalben, die extra dafür abgemischt wurden, kaum vorhanden ist: Es ist tatsächlich faszinierend, dass derart kleine Kopfhörer durch die Kombination von feiner Mechanik und intelligenter Software das menschliche Gehirn so täuschen können.

Man muss nicht Horx heißen, um vorherzusagen, dass mehrdimensionales Audio erst am Anfang einer faszinierenden Reise steht. Diese Ansicht vertrat im STANDARD-Gespräch zuletzt auch Martin Seidl, Geschäftsführer des Wiener Kopfhörerherstellers Austrian Audio.

Weniger ist nicht immer mehr

Was die Bedienung betrifft, sind die Airpods 3 wohl nicht der Weisheit letzter Schluss. Wie erwähnt ist der haptische Knopf designbedingt sehr klein ausgefallen. Einmal klicken ist Spielen/Pause, zweimal nächster Song, dreimal vorheriger Song. Bleibt man länger auf dem Knopf, meldet sich Siri.

Beim Hantieren ist Fingerspitzengefühl gefragt.
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Weder kann man die Lautstärke direkt am Kopfhörer regeln, noch zwischen den diversen 3D-Audio-Modi wechseln. Das bloße Antippen der Airpods wie beim Vorgänger ist verschwunden. Die Belegung des haptischen Knopfs lässt sich auch nicht umprogrammieren.

Nachholbedarf bei Menü-Wirrwarr

Generell setzt sich auch mit den Airpods der Eindruck fort, dass Apple derzeit zwar einen ziemlichen Lauf bei der Hardware und dazugehöriger Systemsoftware hat, aber das Thema Benutzeroberfläche seit längerem schleifen lässt. Statt alle Menüpunkte zu Audio und Kopfhörer in einer App zu bündeln, sind diverse Funktionen überall in iOS verteilt.

Über den Klangregler lässt sich 3D aus- und einschalten. Über die Bluetooth-Einstellung lassen sich gewisse andere Airpods-Funktionalitäten verändern. Die Einstellung in der Musik-App bietet einen Equalizer und den Menüpunkt, ob Audio wenn verfügbar in Dolby Atmos abgespielt werden soll. Unter Bedienungshilfen/Audio/Visuelles kann der Kopfhörer zusätzlich angepasst werden. Zu lautes Musikhören über Kopfhörer findet sich wiederum im Menüpunkt Töne & Haptik unter Kopfhörersicherheit. Das geht besser, Apple!

Bluetooth wechseln und telefonieren

Hinsichtlich des automatischen Wechselns der Bluetooth-Verbindung zwischen Apple-Geräten und den Airpods ist zwar noch ein bisschen Luft nach oben. Im Vergleich zu anderen Herstellern, wo man meist explizit die Bluetooth-Verbindung trennen und dann beim neuen Gerät wieder aktivieren muss, sind die Apple-Kopfhörer weitaus komfortabler. Selbst beim schnellen Hin- und Herwechseln zwischen iPad, Mac und iPhone folgen sie dem User meist zum aktiv verwendeten Gerät.

Gelungenes Update für Apple-User.
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So spürbar die Klangverbesserungen beim Hören von Musik oder Filmeschauen ausgefallen sind, kann dies fürs drahtlose Telefonieren nicht unbedingt bestätigt werden. Im STANDARD-Test klingt die Sprache für das Gegenüber zwar klarer als beim Vorgängermodell. Außengeräusche wie Autos oder Wind waren aber weiterhin klar hörbar bzw. fast lauter als der Gesprächspartner selbst. An die Audioqualität mit dem iPhone direkt am Ohr kommen auch die Airpods 3 nicht heran.

Fazit

Mit 199 Euro sind die Airpods 3 kein absolutes Schnäppchen, aber zumindest um 80 Euro günstiger als die vergleichbaren Airpods Pro, die mit aktiver Geräuschunterdrückung und In-ear-Aufsatz aufwarten. Verglichen mit den Airpods 2 ist der Klang deutlich ausgewogener und detaillierter. Die 3D-Audio-Funktion ist beim Videoschauen ein kräftiger Pluspunkt. Die Verarbeitung ist Apple-gewohnt hochwertig und rechtfertigt den Preis ebenso wie die gute Akkudauer, die in Kombination mit dem Ladecase für mehrere Tage reicht.

Da die Physik klare Grenzen vorgibt, was mit einem derart kleinen Kopfhörer soundtechnisch möglich ist, darf man sich auch bei den Airpods 3 keine Audio-Wunder erwarten. Wem die bauchigere Stöpselform im Ohr passt, bekommt damit aber solide Kopfhörer für den Alltagsgebrauch, mit denen auch audiophile Menschen gut leben können sollten. (Martin Stepanek, 27.11.2021)

Disclaimer: Die Airpods 3 wurden dem STANDARD für einen begrenzten Zeitraum von Apple zur Verfügung gestellt