Auf manchen Pornoplattformen sehen Besucher derzeit deutschssprachige Werbung für Corona-Impfungen.

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Nackte Haut wohin man sieht. Pornoplattformen bieten in der Regel nicht nur einschlägige Videos, sondern flankieren diese auch mit Werbung, aus der sie den Großteil ihrer Einnahmen erzielen. Die Bannerplätze belegen üblicherweise Anbieter für Potenzmittel, XXX-Videospiele und eher dubiose Verkupplungsplattformen.

Deutschsprachige Besucher finden auf einem der größten Portale, Pornhub, aber seit kurzem noch etwas anderes. Nämlich eine Einschaltung, die das "Ende der Pandemie" verspricht. Klickt man diese an, landet man auf einer Seite der Agentur Campagion. Dort ruft das österreichische Start-up dazu auf, sich gegen Covid impfen zu lassen.

Neue Zielgruppen

Auf der "Landing Page" betont man, dass die Impfung kostenlos, nicht schädlich und wirksam gegen schwere Verläufe ist. Dazu verweist man auch weiter auf die Webseiten der "Österreich impft"-Kampagne und das Informationsangebot des Gesundheitsministeriums. Als Ziel gibt man eine Zukunft ohne Lockdowns aus. Disclaimer: "Wir sind keine Mediziner und keine Juristen und erlauben uns hier nur, unsere Meinung kundzutun."

Für Campagion, das sein Büro in Wien hat, ist die Aktion nicht nur ein Beitrag zur Pandemiebekämpfung, sondern auch Eigenwerbung. Denn das Unternehmen hat sich auf die Fahnen geschrieben, unübliche Werbeflächen für Unternehmen zu erschließen, die man dort nicht erwarten würde. Konkret zielt man auf die Pornoplattformen des umstrittenen Branchenriesen Mindgeek – insbesondere Pornhub und Youporn. Gegenüber Trending Topics spricht man ausdrücklich davon, dass diese Plattformen trotz ihres Schmuddel-Images eigentlich ein "Massenmedium" mit entsprechender Werbewirkung sind.

Erstes Interesse

Die Zahlen sprechen dafür, alleine Pornhub kommt monatlich auf über zwei Milliarden Aufrufe und rangiert laut den Statistiken des Analysedienstes Alexa unter den Top-100-Webseiten der Welt. Nur einer von fünf Besuchern "bounced", verlässt also das Portal kurz nach Aufruf wieder. Die durchschnittliche Besuchszeit liegt bei über 10 Minuten.

Nach Angaben von Campagion hat man neben "einschlägiger" Kundschaft auch schon Unternehmen an Bord, deren Werbung man nicht neben Pornoclips erwarten würde. Konkret nennen darf man Ice-Sports, einen Händler für Eishockey-Equipment. Aber auch ein Blumenhändler, Firmen aus dem Gaming-Bereich sowie andere Start-ups sollen ihre Scheu abgelegt haben.

Es sind aber nicht nur die Bannerplätze bei Pornhub, auf denen immer wieder unerwartet "alltägliche" Einschaltungen zu finden sind. Auch bei den Videos geht es nicht immer um Sex. Seit einiger Zeit ist dort auch ein taiwanischer Lehrer unter dem Namen "Changhsu" vertreten, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Angebot auf der Plattform um Lehrinhalte zu ergänzen. Statt nackter Haut präsentiert er nackte Zahlen und gibt auf diese Weise virtuelle Nachhilfe in Analysis. Seine Clips haben es mittlerweile auf immerhin zwei Millionen Aufrufe gebracht. (gpi, 27.11.2021)