In der heimischen Start-up-Szene beklagt man, dass es kein attraktives Modell gibt, um ein Stück vom Kuchen abzugeben.

Foto: Getty Images/iStockphoto

Wien – Rund 20.000 Menschen arbeiten hierzulande in der Start-up-Branche. Geht es nach Markus Raunig, bekommen diese nach wie vor nicht genügend Beachtung von der Politik. Er ist Vorstand des Dachverbands Austrian Startups und fordert seit Jahren bessere Rahmenbedingungen für die Szene.

Gemeinsam mit der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei Mazars hat er am Montag bei einer Online-Pressekonferenz einen Vorschlag für ein Beteiligungsmodell für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorgestellt. Ein attraktiveres Beteiligungsmodell gehört schon lang zu den größten Forderungen der Start-up-Szene. Zwar hat die Regierung im Rahmen der Steuerreform eine steuerbegünstigte Gewinnbeteiligung von bis zu 3.000 Euro pro Jahr ermöglicht. Diese ist allerdings an die Gewinne des Vorjahres geknüpft. "Start-ups erzielen am Anfang meist keine Gewinne, deswegen bringt das nichts", sagt Raunig. Der Betrag sei auch sehr niedrig bemessen.

Der neue Vorschlag

Wie sieht der Vorschlag aus? Mitarbeiterbeteiligungen sollen ungeachtet einer Freigrenze nicht als Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis betrachtet werden, und daher würde sich bei Gewährung keine Lohnbesteuerung und Sozialversicherungspflicht ergeben. Gewinne aus dem Verkauf einer Mitarbeiterbeteiligung sollen stattdessen unter die Kapitalertragssteuer fallen.

Wichtig sei, dass diese Regelungen ausschließlich für Unternehmen in den ersten 15 Jahren nach Gründung gälten und der Unternehmensanteil auf maximal 20 Prozent pro Mitarbeiter begrenzt werde, sagt Mazars-Partner Peter Wundsam. Das Modell müsse außerdem auf alle Mitarbeiter anwendbar sein und dürfe kein "Fördermodell" für Vorstände und leitendes Management werden.

Wundsam kritisiert den aktuell "hohen bürokratischen Aufwand", wenn man Mitarbeiter beteiligen möchte. Zuerst müsse der Unternehmenswert ermittelt werden, um danach echte Kapitalanteile bzw. Substanzgenussrechte oder echte stille Beteiligungen zu gewähren. Abgesehen davon komme es bei der Bewertung eines Start-ups nicht nur auf Investmentzahlen an. "Eine gute Idee und ein leidenschaftliches Team sind entscheidend und lassen sich nicht so einfach beziffern", sagt Wundsam. Deswegen müsse die Politik beim aktuellen Beteiligungsmodell die Spezifika von Start-ups besser berücksichtigen.

Wenig umgesetzt

Insgesamt 36 Handlungsempfehlungen übermittelte Austrian Startups vor Amtsantritt an Türkis-Grün, 18 davon schafften es ins Regierungsprogramm. Damals habe sich Raunig gehört gefühlt. Realität ist jedoch, dass erst drei Punkte umgesetzt worden seien. Dazu zählen die "Entrepreneurship Week", die unternehmerisches Denken an Schulen fördern soll, Unternehmensgründung via Videokonferenz und eine sogenannte Sandbox für Fintechs. In einer Sandbox können Finanzfirmen Innovationen unter vorübergehend gelockerten Regeln erproben und weiterentwickeln.

Neben der Reform der Mitarbeiterbeteiligung thematisierte Raunig weitere Evergreens der Forderungsliste, die im Zeichen der Entbürokratisierung stehen. Etwa bei den Themen Unternehmensgründung oder Rot-Weiß-Rot-Card. Zwar arbeitet die Politik an einer neuen Gesellschaftsform, wann diese umgesetzt werden soll, ist jedoch fraglich.

Die Rot-Weiß-Rot-Card für Arbeitskräfte von außerhalb der EU müsse schneller bewilligt werden, und Investitionen für Start-ups von Stiftungen und Pensionsfonds müssten stärker mobilisiert werden. "Österreich liegt im europäischen Start-up-Feld ohnehin schon weit hinten, Dinge müssen schnell umgesetzt werden, um nicht noch weiter zurückzufallen", sagt Raunig. Die Pandemie dürfe keine Ausrede sein, denn die Zeit dränge. (Andreas Danzer, 29.11.2021)