Weibliches Spitzentrio für Berlin (von links nach rechts): Franziska Giffey (SPD), Bettina Jarasch (B90/Die Grünen), Katina Schubert (Die Linke).

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Ein paar Tage nach der Bundesebene war es auch in Berlin so weit: Die künftigen Koalitionärinnen konnten weißen Rauch vermelden. "Ich bin erleichtert. Es gibt eine politische Einigung", erklärte die künftige Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD).

Gewählt war in der deutschen Hauptstadt am 26. September, dem Tag der Bundestagswahl, worden. Die SPD schaffte zwar mit 21,4 Prozent Platz eins, jedoch lagen die erstarkten Grünen mit 18,9 Prozent knapp dahinter.

Und diese Stärke spielten sie auch bei der Regierungsbildung aus. Giffey hätte eigentlich, analog zum Bund, eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP favorisiert. Doch Teile der SPD und die Grünen wollten ihr nicht folgen, sondern stattdessen wieder die Linke ins Boot holen. Rot-Grün-Rot regierte in Berlin schon seit 2016, in dieser Zeit allerdings noch unter Bürgermeister Michael Müller (SPD).

Rücktritt nach Plagiatsaffäre

Dieser wechselte nun in die Bundespolitik und ist im neuen Bundestag vertreten. Hingegen kam Giffey vom Bund: Sie war dort Familienministerin in der großen Koalition, trat aber wegen der Plagiatsaffäre um ihre Doktorarbeit zurück.

"Wir wollen, dass wir eine Arbeit leisten, die die Berlinerinnen und Berliner stolz sein lässt auf ihre Stadt", sagte sie am Montag bei der Präsentation des Koalitionsvertrags mit dem Titel "Zukunftshauptstadt Berlin". Und weiter: "Wir als Berlinerinnen und Berliner müssen uns bewusst machen, dass wir Kiez (Grätzl, Anm.) sind, aber auch Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland, Weltstadt, Großstadt mit Menschen aus verschiedenen Nationen."

Die SPD übernimmt die Ressorts Stadtentwicklung, Inneres, Bildung und Wirtschaft. Einer der zentralen Punkte soll der Wohnungsneubau sein. Geplant sind 200.000 Wohnungen und eine Aufstockung der Wohnraumförderung um 500 Millionen Euro pro Jahr.

Tempelhofer Feld bleibt frei

Nicht bebaut soll allerdings das Tempelhofer Feld werden – also die große innerstädtische Freifläche des früheren Flughafens Tempelhof. In der SPD hatte man sich zumindest Bebauung am Rand vorstellen können, doch Grüne und Linke hatten dies abgelehnt und sich damit auch durchgesetzt. Ihre Argumentation lautete, es gebe noch genug anderen Platz für Neubauten.

Schwierig war in den Koalitionsverhandlungen der Umgang mit dem erfolgreichen Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienunternehmen in Berlin. Giffey hatte sich im Wahlkampf gegen Enteignungen ausgesprochen, die Linke dafür, bei den Grünen gab es unterschiedliche Stimmen.

Beschlossen wurde nun, dass in den ersten einhundert Tagen von Rot-Grün-Rot eine Expertenkommission eingesetzt wird. Diese soll Möglichkeiten ausloten, um das Volksbegehren umzusetzen. Beteiligt wird auch die Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen", die das Volksbegehren organisiert hat.

Geplant ist zudem der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Vorgesehen sind die Verlängerung mehrerer U-Bahn-Linien und die Erweiterung der E-Bus-Flotte. Die Randbezirke sollen besser ans Zentrum angeschlossen werden, auch neue Radwege sollen kommen.

Parken wird teurer

Teurer wird das Parken. Es sind nicht nur Preiserhöhungen für das Kurzparkticket geplant, sondern auch für die Anwohner-Vignette. Eine City-Maut, wie sie schon gelegentlich in Diskussion war, kommt jedoch nicht. Die Polizei erhält 700 neue Stellen.

Wie schon bisher erhält die SPD vier Ressorts, die Linken und die Grünen je drei, wobei den Linken künftig das Finanzressort zufällt.

Wie im Bund, müssen die drei beteiligten Parteien auch noch in Berlin über den Vertrag abstimmen. Bei SPD und Grünen wird dies ein Parteitag machen, die Linke befragt ihre Mitglieder. Liegt von allen dreien die Zustimmung vor, dann kann Giffey am 21. Dezember zur ersten Bürgermeisterin von Berlin gewählt werden.

Auf Bundesebene kommen am Dienstag, früher als geplant, erneut die scheidende Kanzlerin Angela Merkel und die 16 Ministerpräsidenten zusammen, um über die Corona-Lage zu beraten. Auch der künftige Kanzler Olaf Scholz ist dabei. Aufgrund der angespannten Lage in den Spitälern wird auch in Deutschland der Ruf nach einem kompletten Lockdown immer lauter. (Birgit Baumann aus Berlin, 29.11.2021)