Die Gespräche waren eben erst angelaufen, da verkündete der Handel, dass die Vorbereitungen für die Öffnung bereits liefen. Seit Montag berät die Bundesregierung, wie es in Österreich mit Ablaufen des momentanen Lockdowns – des vierten bundesweiten – weitergehen soll. Am Vormittag empfing die Regierungsspitze Vertreterinnen und Vertreter der Sozialpartner sowie Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft im Bundeskanzleramt. Ziel war es, sich eine "erste Bestandsaufnahme" der epidemiologischen Lage zu verschaffen.

Noch fast zwei Wochen bleibt Österreich jedenfalls im Lockdown. Der Handel bereitet sich auf die versprochene Öffnung vor und hofft aufs Weihnachtsgeschäft.
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Das Treffen sei ein "reiner Austausch" nach einer Woche Lockdown gewesen, hieß es anschließend aus dem Gesundheitsministerium. Das Update fiel folgendermaßen aus: Nach dem Herunterfahren des gesamten öffentlichen Lebens und dem Beginn der Ausgangssperren vergangene Woche gehen die Neuinfektionen nun zwar zurück, allerdings passiere dies auf einem "sehr hohen Niveau". So vermeldeten Innen- und Gesundheitsministerium am Montag 8.526 Ansteckungen innerhalb von 24 Stunden – genau eine Woche zuvor waren es 13.806 positive Fälle.

Keine Entlastung in Spitälern

Aus den Spitälern gibt es vorerst allerdings noch keine Entlastung zu vermelden – denn dort schlagen die Infektionen erst zeitverzögert auf. 3.325 Menschen lagen am Montag mit einer Covid-Infektion in einem Krankenhaus – das waren 108 mehr als am Vortag. 619 von ihnen müssen intensivmedizinisch behandelt werden.

Die "kommenden Tage" würden nun zeigen, wie sich das Infektionsgeschehen weiterentwickelt, heißt es aus dem Büro von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne). Zudem werde es noch etwas dauern, bis mehr Klarheit darüber herrsche, wie sich die neu detektierte Variante des Coronavirus verbreitet. Am Montag bestätigte das Ministerium den ersten Omikron-Fall in Österreich.

Am Dienstag verlängert der Hauptausschuss des Nationalrats die Ausgangssperren für zehn Tage.
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Am Dienstag wird der Hauptausschuss des Nationalrats den Lockdown jedenfalls für weitere zehn Tage verlängern. Das Ziel lautet weiterhin, mit 13. Dezember wieder öffnen zu können, bestätigt man im Ministerium. Eventuell müsse das allerdings mit zusätzlichen Maßnahmen einhergehen – die Details darüber seien noch Teil von Gesprächen.

Nach dem generellen Lockdown folgt in jedem Fall erneut ein Lockdown für Ungeimpfte, wie dieser bereits für eine Woche Anfang November gegolten hat. Obwohl die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) zuletzt grünes Licht für einen eigenen Kinderimpfstoff gegeben hat, dürften diese wieder ausgenommen sein.

In Wien peilt man einen eigenen Weg an: Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hatte am Wochenende strenge Schutzkonzepte für Wien angekündigt. Ihm schwebt eine 2G-Plus-Regel für jene Bereiche vor, in denen zuletzt 2G galt: Etwa für den Besuch von Lokalen, Sport- und Kulturveranstaltungen soll man geimpft oder genesen sein und zusätzlich einen negativen PCR-Test vorweisen.

Handel könnte öffnen

Evaluiert wurden am Montag auch die neu angelaufenen Hilfsmaßnahmen für die Wirtschaft. Die Handelsbranche bereitet sich nicht nur auf ein Aufsperren vor, auch von einem außertourlichen Aufsperren am Sonntag, dem 19. Dezember, war die Rede, um einen Teil des umsatzstarken Weihnachtsgeschäfts nachzuholen. In der Branche ging man am Mittwoch davon aus, am 13. Dezember fast alle Geschäfte öffnen zu dürfen. Die Ausnahme bildete Oberösterreich, wo der Lockdown aufgrund der hohen Infektionszahlen voraussichtlich bis zum 17. Dezember dauern soll. Weniger klar bleiben die Pläne für die Gastronomie und Hotellerie.

Seitens der Opposition fürchten die Neos um das Weihnachtsgeschäft für den heimischen Handel. Sie sprechen sich für ein früheres Lockdown-Ende für Geimpfte und Genese aus. "Der Radikal-Lockdown war ein bisschen viel", sagte der pinke Wirtschaftssprecher Gerald Loacker. Sollte der heimische Handel in der Vorweihnachtszeit geschlossen bleiben, würden letztlich nur Onlineriesen wie Amazon oder Zalando profitieren, ist sich der Politiker sicher. Die Neos schlagen vor, den Handel ab 6. Dezember inklusive der 2G-Regel – also für Genesene und Geimpfte – aufzusperren. Darüber hinaus solle eine FFP2-Masken-Pflicht herrschen, auch eine Maximalzahl an Kunden im Geschäft schließt Loacker nicht aus.

Sonntagsöffnung gefordert

Außerdem wollen die Pinken, dass Geschäfte an den übrigen zwei Adventsonntagen bis Weihnachten öffnen dürfen. Es gelte, den angelaufenen wirtschaftlichen Aufschwung nicht abzuwürgen, sagte Loacker. Die Sonntagsöffnung müsse für die Mitarbeiter freiwillig sein, die üblichen Zulagen müssen ausbezahlt werden. Ein entsprechender Sonderkollektivvertrag sei bis Mitte Dezember umsetzbar.

Um den Handel zu entlasten, wollen die Neos an den beiden übrigen Adventsonntagen den Handel öffnen.
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Simulationsforscher Nikolaus Popper verwies nach dem Treffen im Kanzleramt darauf, dass erst ab Mittwoch aussagekräftige Daten zum Infektionsgeschehen vorliegen werden. Erst dann werde man einschätzen können, wie stark der Rückgang der Neuinfektionen tatsächlich ist. Der Peak der Neuinfektionen sei erreicht. "Man muss jetzt aber genau schauen, wie schnell geht dieser Abfall", sagte Popper am Montag. (Anna Giulia Fink, Oona Kroisleitner, Nora Laufer, 29.11.2021)